Jungunternehmen: New Seedas könn

„Was könnte man nicht alles aus alten Sachen machen“

von Redaktion

Gründerin Bettina Junkersdorf recycelt alte Kletterseile und ist jetzt offiziell „Kreativpilotin“

Rosenheim – Als Anfang Dezember in Berlin 32 deutsche Jungunternehmer vom Bundeswirtschaftsministerium mit dem Titel „Kultur- und Kreativpiloten 2017“ ausgezeichnet wurden, war die Rosenheimerin Bettina Junkersdorf die einzige Bayerin unter den Preisträgern. Ihre Geschäftsidee, alte Kletterseile in neue Gegenstände zu verwandeln und somit aus Abfall Neues zu produzieren, überzeugte die Jury.

Vor gut einem Jahr hatten die OVB-Heimatzeitungen über Junkersdorfs damals brandneues Start-up berichtet – jetzt ist sie also eine von 32 deutschen Kreativitäts-Botschaftern. Was hat sich bei ihr sonst noch getan?

Junkersdorf hat mit ihrer Firma „New Seed“ („neue Saat“) auch ohne die Auszeichnung schon eine Erfolgsgeschichte hinter sich. Gab es anfangs nur zwei Produkte – Beutel für den Magnesiavorrat für Kletterer und Gürtel – sind nun Hundehalsbänder, Topflappen, Tischuntersetzer, Schlüsselanhänger, Armbänder, Halsketten und Haarbänder hinzugekommen. Schmuckstücke, denen man ihre Herkunft aus altem Seil nicht ansieht. Angst, dass ihr eines Tages die Ideen für neue Produkte ausgehen könnten, hat die Rosenheimerein nicht. Ihre Grundidee treibt sie an: Es geht Bettina Junkersdorf nicht nur um einfaches Wiederverwenden von altem Material, sondern um das, was man neudeutsch „upcyceln“ nennt. Es geht um eine neue Nutzung, die nicht bloß praktisch, sondern dabei auch noch möglichst schön sein soll. Für sie ist Wegschmeißen nicht nur das Vergeuden von Material, sondern vor allem auch von Ideen. „Was ließe sich zum Beispiel aus einer alten Couch noch alles machen“, sagt sie, „stattdessen wird das Ding auf den Sperrmüll geschleppt.“

Für sie ist klar: „Gäbe es bei uns so etwas wie eine Kultur der Wiederverwertung, würden sich viele Menschen gerne dafür entscheiden, dass das geliebte Stück bei einem Upcycler noch eine zweite Chance bekommt“.

Mit ihrer kleinen Firma ist Junkersdorf jetzt auch da angekommen, wo jedes Unternehmen irgendwann landet: in der harten, bürokratischen Realität. Da ist zum Beispiel jede Menge Verwaltungskram: Finanzplanung, Steuern, Aufbau von Vertriebswegen, Gestaltung des Internetauftritts – alles äußerst wichtig, vieles davon lästig. Genau in diesem Punkt wird sie künftig Hilfe bekommen: In der Auszeichnung aus Berlin enthalten sind regelmäßige Treffen mit den anderen Preisträgern, dazu mit Vertretern aus Wirtschaft und Industrie, die für Vernetzung und Kontakte sorgen sollen, sowie die einjährige Begleitung durch zwei Mentoren. „Der Erfolg in der Arbeit ist durchaus verführerisch, denn er gibt einem Selbstbewusstsein“, stellt sie heute fest. Doch dürfe man nicht vergessen, dass diese Anerkennung nicht dem gelte, was einen wirklich als Mensch ausmache, sondern nur der äußeren Hülle. Sorge, das zu vergessen, sich in der Arbeit zu verlieren oder gar zur kalten Geschäftsfrau zu mutieren müsse sie aber nicht haben, glaubt sie, wenn sie sich nur weiterhin an ihrem großen Vorbild, ihrem Opa, orientiere. Der sei mit 92 Jahren immer noch topfit und fröhlich und pflege nach wie vor mit seiner Frau eine liebevolle Beziehung.

Der Opa habe vor vielen Jahren den Kauf eines günstigen Grundstücks ausgeschlagen, das ihn heute zum Millionär gemacht hätte. Auf die immer wieder mal auftauchende Frage aus dem Bekanntenkreis, ob das damals nicht eine Riesendummheit gewesen sei, antwortete er einmal mit einem knappen Satz: „Warum, mia ham doch ois was ma brauchan und san glücklich. Was dat ma denn mit dem ganzen Geld?“ tho

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