Wie massiv das Problem von Betrügereien und überzogenen Rechnungen bei Notdiensten ist, zeigt das jüngste Urteil gegen die Gründer der Deutschen Schlüsseldienstzentrale. Die Anklage hatte rund 1000 betroffene Kunden aufgeführt, die für eine Türöffnung teilweise das Fünffache des angemessenen Preises bezahlt hatten. Beide Geschäftsführer wurden zu mehrjährigen Gefängnisstrafen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Steuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt verurteilt (Landgericht Kleve Az. 190 KLs3/17).
Zentralen täuschen Ortsnähe vor
Das Vorgehen von Notdienstzentralen ist oft ähnlich. Die Verbraucher glauben, bei einem lokalen Schlüsseldienst, einer Heizungsfirma oder einem örtlichen Elektriker anzurufen. Tatsächlich landen sie in einem Callcenter, das die Aufträge weitergibt. Die Firmen, die beauftragt werden, müssen teils mehr als die Hälfte ihres Verdienstes an die Vermittlungszentrale abgeben. Kein Wunder, dass sie diese Mehrkosten an die Kunden weitergeben. Wie groß das Problem ist, zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur. Allein im vergangenen Jahr hat die Bundesnetzagentur die Abschaltung von 52 000 lokalen Rufnummern angeordnet, mit denen Unternehmer Ortsnähe vorgetäuscht hatten.
-Tipps:
Website des Unternehmens anschauen. Im Impressum sollte eine lokale Adresse angegeben sein, ansonsten handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Vermittlungszentrale. Bei telefonischem Kontakt sollte man nach der Adresse fragen.
Eine ausführliche Liste mit Schlüsseldiensten, die in der Vergangenheit negativ aufgefallen sind, findet man im Internet unter www.verbraucherschutz.de. Auch Firmen, die im Hausflur am Schwarzen Brett werben, sind nicht automatisch vertrauenswürdig. Im Zweifel sollte man die Hausverwaltung fragen.
Notdienst-Einsatz am besten vermeiden
Am besten ist, nicht in eine Notlage zu kommen. Es empfiehlt sich, bei Nachbarn, Verwandten oder Freunden einen Schlüssel zu hinterlegen. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, eine Firma mit der Schlüsselaufbewahrung zu beauftragen. Unter www.schluesselpate.de können Interessierte bundesweit Schlüsselaufbewahrungen buchen.
150 Prozent Aufschlag erlaubt
Gerade nachts, am Wochenende oder an Feiertagen ist es oft günstiger, in einem Hotel zu übernachten als einen Notdienst zu beauftragen. Denn die Firmen dürfen außerhalb der normalen Arbeitszeiten Aufschläge von bis zu 150 Prozent auf die Lohnkosten nehmen. Das kann teuer werden. Auch bei Sanitär-, Heizungs- oder Elektroproblemen ist es ratsam, auf einen Notdiensteinsatz zu verzichten und lieber unter der Woche eine Firma aus der Umgebung zu suchen. Eine einfache zerstörungsfreie Türöffnung sollte zu normalen Arbeitszeiten nicht mehr als 80 bis 120 Euro kosten.
-Tipps:
Es empfiehlt sich, bei dem Handwerker schon beim ersten Anruf die Fahrtkosten zu erfragen. Am besten ist es, eine Pauschale für An- und Abfahrt zu vereinbaren. Es ist nämlich erlaubt, dass Firmen die Anfahrt als Arbeitszeit berechnen – das kann bei einem Stau teuer werden.
Manchmal kann es für den Kunden billiger sein, einen Handwerker wieder wegzuschicken, wenn er vor Ort einen unseriösen Eindruck macht oder offensichtlich planlos ans Werk geht. Dann muss man zwar Anfahrt und bisherige Arbeitszeit bezahlen, spart sich aber womöglich viel Ärger und Folgekosten. Unseriöse Firmen sind zudem später schwer greifbar, das Geld ist kaum zurückzuholen.
Vor Arbeitsbeginn sollte man keinen Stundenzettel oder Ähnliches unterschreiben. Unseriöse Firmen versuchen so oft, Arbeitszeit, die nicht geleistet wurde, zu berechnen. Grundsätzlich gilt: Firmen dürfen maximal zehn Minuten auf die Viertelstunde aufrunden. Anderslautende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam.
Hilfe bei Handwerker-Ärger
„Wenn eine Rechnung überhöht erscheint, sollten Verbraucher nicht sofort bezahlen“, sagt Julia Rehberg, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Alternativ können Kunden erst einmal nur den Teil bezahlen, der angemessen erscheint“, so die Juristin. „Falls der Handwerker die Kunden deshalb bedroht, sollte man die Polizei rufen.“ Das Problem bei unseriösen Firmen: Teils nutzen sie falsche Adressen auf ihrer Homepage und ihren Geschäftspapieren, sodass es für Kunden unmöglich ist, ihr Geld erstattet oder Schäden ersetzt zu bekommen. Anders sieht es bei Ärger mit seriösen Firmen aus: Sowohl die Handwerkskammern als auch Innungen bieten Schlichtungsverfahren an. Verbraucherzentralen informieren Verbraucher über mögliche rechtliche Schritte.
Betriebe sorgfältig auswählen
Die beste Möglichkeit, Ärger mit Handwerkern zu vermeiden, ist eine sorgfältige Auswahl des Betriebes. Empfehlungen von Nachbarn oder Bekannten können hier sehr hilfreich sein. Gut ist, wenn man sich schon vor einem Notfall nach einem guten Betrieb umsieht. Für Seriosität spricht in jedem Fall, wenn es sich um einen Innungsbetrieb handelt. Ebenfalls wichtig ist, dass auf der Webseite ein komplettes Impressum mit Namen und Rechtsform der Firma, Anschrift, Telefonnummern, Steuernummer und der zuständigen Handwerkskammer aufgeführt ist. Eine Firma, die keine genaue Adresse und lediglich Handy- oder 0800-Nummern angibt, kann nicht seriös sein.
Mehr Informationen
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