Brigitte W.: Mein Mann und ich haben die Stadtwohnung aus Erbschaftssteuergründen 2001 auf beide Söhne übertragen. Mein Mann erkrankte schwer an Parkinson und ist ein Pflegefall. Fünf Jahre habe ich alles aus dem Vermögen bezahlt, das jetzt aufgebraucht ist. Wir sind gezwungen, die Immobilie zu veräußern. Da mein Mann keine Betreuungsverfügung hinterlassen hat, folgte ein sehr kostenaufwendiger Streit mit dem Betreuungsgericht. Letztlich einigte man sich darauf, dass der Verkauf der Immobilie je zu einem Viertel Vater, Mutter und den beiden Söhne zugute kommt. Da mein Mann und ich lediglich Nießbrauch haben, fallen bei uns wahrscheinlich Steuern an. Ich mache mir große Sorgen, dass der Rest des Geldes nicht für meinen Lebensunterhalt reichen wird. Mein Mann und ich beziehen beide eine Rente von rund 1500 Euro.“
Ihr Fall bestätigt leider das, was ich immer wieder predige: Man sollte nicht nur aus Steuergründen Vermögen übertragen. Man sollte immer so viel zurückbehalten, dass man auch im Notfall gut versorgt ist. In Fällen wie dem Ihrigen hätte meist ein steuergünstiges Testament genügt, um die Freibeträge der Söhne optimal auszuschöpfen. Aber im Nachhinein lässt sich immer leicht reden, entscheidend ist für Sie der Blick nach vorne: So wie Sie den Fall schildern, sieht es nicht danach aus, dass noch Steuern anfallen würden. Noch eine weitere positive Nachricht gibt es: Wenn das Geld tatsächlich nicht für Ihren Lebensunterhalt ausreicht, dann haben Sie Unterhaltsansprüche gegen Ihre Söhne. Sie sollten sich nicht scheuen, diese dann geltend zu machen, denn schließlich haben Ihre Söhne ja auch bereits Vermögen von Ihnen erhalten. Erhard B.: „Meine Frau und ich haben kleine Renten. Wir verbrauchen deshalb unser Vermögen, das noch für maximal vier Jahre reichen wird. Nun wollen wir ein Testament verfassen, durch das Pflichtteilsansprüche vermieden werden, wenn einer von uns beiden verstirbt. Der oder die Überlebende sollen das Vermögen weiter ungeschmälert verbrauchen können. Wie ist das möglich? Unsere drei Kinder werden dadurch ja nicht enterbt. Und können jetzt auch Vermächtnisse festgelegt werden, die erst nach dem Ableben des zweiten Partners wirksam werden?“
Mit Ihrer Frage sprechen Sie ein sehr häufiges Problem an: Das gemeinsame Vermögen soll der Versorgung des längst lebenden Ehegatten dienen, ungeschmälert durch Pflichtteilsansprüche. Leider gibt es dabei keine Testamentsgestaltung, die den Pflichtteil der Kinder ausschließt. Stattdessen gibt es aber zwei Wege:
Entweder bringen Sie die Kinder dazu, dass diese für den ersten Erbfall auf den Pflichtteil verzichten. Dies muss zwingend zu notarieller Urkunde geschehen, sonst ist der Verzicht formunwirksam.
Oder Sie können auch eine Pflichtteilsstrafklausel in das Testament einbauen: Wer beim ersten Erbfall den Pflichtteil fordert, ist beim zweiten Erbfall enterbt. Allerdings ist dieser Weg nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ nicht sicher, denn jedes Kind kann sich dennoch dazu entschließen, den Pflichtteil zu fordern und die Enterbung beim zweiten Erbfall in Kauf zu nehmen.
Am besten ist es also, wenn Sie mit den Kindern sprechen, ihnen Ihre Sorgen schildern und einen notariellen Pflichtteilsverzicht vereinbaren.