„Kopf einschalten und auf die Warnsignale hören“

von Redaktion

Im Klinikum rechts der Isar landen häufig Pilz-Notfälle – Professor Florian Eyer erklärt, worauf man achten sollte

München – „Wo viele Pilze gesammelt werden, kann auch viel verwechselt werden“, sagt Professor Florian Eyer von der Klinischen Toxikologie am Klinikum rechts der Isar. Er mahnt besonders Anfänger zu erhöhter Vorsicht. „Nicht alles, was schön ausschaut, ist auch genießbar.“

Bei der Pilz-Bestimmung solle man sich nicht auf Apps oder Internet-Seiten verlassen. Dort werde oft nicht ausreichend über die Merkmale informiert, die zuverlässig zwischen giftig und ungiftig unterscheiden. „Es ist naiv, einfach wahllos zu sammeln“, sagt Eyer. Selbst bei guten Quellen solle man niemals unbekannte Pilze selbst bestimmen und als vermeintliche Speisepilze verwenden. „Man kann sich so vertun“, weiß der Professor.

Was aber droht, wenn trotzdem ein falscher Pilz auf dem Teller landet? „Das kann von leichten Magen-Darm-Beschwerden bis hin zur Lebensgefahr reichen“, sagt Eyer. Es gibt Pilze, die zu Muskelschädigungen führen, andere lösen Blutzellen auf. Ganz typisch: eine Vergiftung durch den Knollenblätterpilz. Es gebe in Deutschland aber noch etliche weitere hochgiftige Pilze wie zum Beispiel einige Schirmlingsarten. „Ein mittelgroßer Pilz reicht da schon, um akutes Leber- oder Nierenversagen auszulösen, an dem man versterben kann“, stellt der Toxikologe klar. Die Vergiftung kann auch dazu führen, dass man eine Lebertransplantation benötigt.

Pilzvergiftungen können viele Ursachen haben. Generell wird unterschieden nach der Zeitspanne, in der die Beschwerden einsetzen. Die Faustregel: Je später, desto gefährlicher! Wer nach einer Pilzmahlzeit unter Magen-Darm-Problemen, Übelkeit, Brechreiz, Bauchschmerzen, Durchfall oder Kreislaufproblemen leidet, sollte auf jeden Fall handeln. Erste Wahl ist der Giftnotruf am Klinikum rechts der Isar: 089/192 40. Dort wird das weitere Vorgehen abgeklärt. Der Professor rät: „Reste von Mahlzeiten, vom Pilze-Putzen und Erbrochenes für die Diagnose sicherstellen.“ Auslöser für frühe Beschwerden können Allergien oder Unverträglichkeiten sein. „Manchmal ist ein Pilz vergammelt, dann werden Bakterien einverleibt, die die Symptome verursachen“, erläutert der Professor. Oft sei auch die unsachgemäße Lagerung oder Zubereitung schuld. „Am besten frisch gepflückt und gut gesäubert.“ Eyer rät generell davon ab, Pilze nur lauwarm oder angegart zu verspeisen. „Pilze sollten immer 15 Minuten durchgegart werden.“ Zudem sei es eine Frage der Menge. Denn: „Pilze sind schwer verdaulich.“ Manche Pilze vertragen sich nicht mit Alkohol. „Dann kommt es zu Gesichts- und Hautrötung, Juckreiz, Kopf- und Herzschmerzen, in der Regel aber nicht gefährlich.“

Hochgefährlich sind Beschwerden, die erst nach sechs bis acht Stunden oder später auftreten. Oft verbessert sich der Gesundheitszustand zwischendrin scheinbar, bevor es richtig gefährlich wird. Niemals Erbrechen mit Kochsalz auslösen, nie Milch trinken – von solchen „Hausmitteln“ rät Florian Eyer strikt ab. Eventuell werde ein medizinisches Kohlepräparat empfohlen, das die Gifte binden kann. Wer Pilze auf dem Markt kauft oder im Restaurant isst, ist laut Eyer relativ sicher. „Da gibt es eine gute Qualitätskontrolle, meist sind das auch Zuchtpilze.“

Die Klassiker bei den Vergiftungen: „Nachbarschaftsgeschenke.“ Oder tiefgefrorene Pilze, die man für den Winter aufgehoben hat. Ein gutes Pilzgericht kann übrigens fachgerecht gelagert auch am nächsten Tag noch gegessen werden. „Einfach den Kopf einschalten und auf natürliche Warnsignale hören“, rät Professor Eyer.

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