Unruhe um den Übertritt

von Redaktion

BLLV fordert Reform für die vierte Klasse – CSU genervt: „Alle Jahre wieder“

München – Manche sprechen vom Grundschul-Abitur, andere warnen vor Panikmache: Am Donnerstag kommender Woche gibt es die Übertrittszeugnisse für die Viertklässler. Wer in den drei Hauptfächern Mathematik, Deutsch sowie Heimat- und Sachunterricht (HSU) einen Schnitt von mindestens 2,33 hat, der kann aufs Gymnasium wechseln, bei 2,66 oder besser ist der Wechsel auf die Realschule möglich.

Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, kritisiert das Übertrittsverfahren heftig. Es sei „nicht nur fragwürdig“, sondern werde den Kindern „in keiner Weise gerecht“.

Anders als in den ersten drei Grundschuljahren muss im Abschlussjahr eine ganze Serie von Prüfungen absolviert werden. Das Kultusministerium hatte in der Amtszeit des damaligen Ministers Ludwig Spaenle (CSU) einen Richtwert von 22 Proben empfohlen – zwölf in Deutsch, je fünf in Mathe und HSU. So steht es auch in der Grundschul-Ordnung.

Simone Fleischmann nennt dies einen Proben-Marathon, der viele Kinder überfordere. Sie würden „einem schier unerträglichen Druck“ ausgesetzt, so die BLLV-Chefin weiter. Manche Kinder könnten nachts nicht mehr schlafen, sie würden von Ängsten geplagt und sogar krank.

Das Kultusministerium wird vom BLLV aufgefordert, „das gängige Verfahren kritisch zu hinterfragen“.

Das jedoch wird nicht leicht, denn das Thema taucht im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern nicht auf. Da der Übertritt eine Grundsatzfrage bayerischer Bildungspolitik berührt, wären hier Änderungen nur im beiderseitigen Einverständnis möglich.

Die CSU legt aber schon mal ein Veto ein: „Alle Jahre wieder“ diese Diskussion, seufzt der Schulexperte der Landtags-CSU, Gerhard Waschler. Der BLLV suggeriere „leider“, dass am Ende der 4. Klasse eine endgültige Laufbahn-Entscheidung getroffen werde. „Das stimmt einfach nicht.“ Das bayerische Schulsystem sei „durchlässig“ und habe bei den Eltern „eine hohe Akzeptanz“. Dies, so Waschler weiter, „sollte auch der BLLV mal einsehen“. Auch gegen kleinere Änderungen wehrt sich Waschler. So bringe es nichts, zum Beispiel die Zahl der Proben zu reduzieren. Denn: Je weniger Proben, desto wichtiger sei die Note jeder einzelnen. Und dann werde der Druck für den Schüler vor jeder Probe noch größer.

Damit wird es für Kultusminister Michael Piazolo (FW) schwer, Änderungen durchzusetzen, selbst wenn er das wollte. Doch er plane da keinen Vorstoß, versichert eine Sprecherin des Ministeriums. Auch sie sagt, das Übertrittsverfahren habe sich „bewährt“. Eltern würden im Verlauf der 4. Klasse frühzeitig beraten. „Und auch nach der 5. Klasse sind die Wege für das Kind noch offen.“ Zudem werde ab kommenden Schuljahr der flexible Einschulungskorridor eingeführt – Kinder, die erst zwischen Juli und September sechs Jahre alt werden, können zurückgestuft werden. Damit gebe es dann eine weitere Erleichterung für die Kinder.  dw

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