UNTER MEINEM WEISS-BLAUEN HIMMEL

Weihnachten – alles eine Frage der Planung

von Redaktion

VON CAROLIN REIBER

Sind nicht erst zwei, drei Wochen vergangen, seit wir unter wärmenden Sonnenstrahlen saßen? 20 Grad – keine Seltenheit, gefühlt manchmal sogar noch mehr. Und jetzt? Irgendwie mutet es fast seltsam an, wenn ich die weihnachtlich geschmückten Straßen sehe und der Duft von heißen Maroni an mir vorüberzieht.

Dennoch: Es ist Zeit zum Plätzchenbacken und Geschenke aussuchen. In diesem Jahr ist „Planen“ angesagt, sind es doch nur noch knapp drei Wochen bis Heiligabend. Apropos Post: Päckchen nach Übersee haben kaum noch Chancen anzukommen. Um den Adressat in EU-Ländern zu erreichen, müssen diese spätestens diese Woche ihre Reise antreten. So die freundliche Information meines netten Postbeamten.

Ja, und am heutigen Dienstag? Natürlich das nächste Türchen vom Adventskalender öffnen! Gestaunt habe ich kürzlich im Supermarkt – 27 Exemplare, manche bis zu einem Meter hoch. Zum Beispiel 24-Bier-Adventskalender, andere gefüllt mit Geschenken – und dann vor allem die Namen! „Hello-HoHoHo“. Oder „Say hello to Rockin’ Santa“.

Längst gibt es die 24 Türchen auch virtuell auf dem Computer. Doch so viel schöner sind die glitzernden Kalender zum Anfassen. Wie gut, dass es auch sie noch immer gibt. Pausbäckige Engel, Rentiere, die mit Päckchen beladene Schlitten über Wolkenberge ziehen, nostalgische Motive, überzogen mit glänzendem Feenstaub.

Die „Zeitmesser“ der Tage bis zum Heiligabend erfanden kreative Eltern schon Ende des 19. Jahrhundert. Es waren Himmelsleitern, auf denen sich das Christuskind Sprosse um Sprosse abwärts bewegte. Hübsch auch die Idee, dass Kinder jeden Tag einen Strohhalm in die Krippe legen durften. Thomas Mann schildert in den „Buddenbrooks“ einen Abreißkalender, den Kinderfrau Ida für ihren Schützling Hanno angefertigt hatte: „Er verfolgte das Nahen der unvergleichlichen Zeit mit pochendem Herzen.“

1902 ließ sich Buchhändler Gerhard Lang, Sohn eines schwäbischen Pfarrers, in München nieder. Angeregt durch den Adventskalender der Mutter, die für ihn einst 24 „Wiebele“, ein schwäbisches Baisergebäck, auf einen Karton nähte, entwickelte er den Adventskalender mit Türchen zum Öffnen.

Wunderbar finde ich, wenn sich hinter jedem Türchen ein Spruch oder ein Gedicht verbirgt. So einen Adventskalender habe nämlich ich in meiner Küche hängen. „Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden.“ Diese Lebensweisheit von Clemens Brentano erwartete mich hinter Türchen Nummer eins.

Einstimmen auf die staade Zeit. Wo könnte man das besser als bei der Premiere von Enrico de Parutas „Münchner Weihnachtssingen“ am 11. Dezember in der Allerheiligen Hofkirche der Residenz. „200 Jahre Stille Nacht, Heilige Nacht“, das berühmteste Weihnachtslied der Welt, übersetzt in über 300 Sprachen und Dialekte, wurde am 24. Dezember 1818 erstmals in der St.-Nikola-Kirche in Oberndorf bei Salzburg gespielt. Organist Franz Xaver Gruber wurde vom jungen Hilfspfarrer Joseph Mohr gebeten, noch schnell eine Melodie auf sein Gedicht zu schreiben.

Beinahe wäre das Lied als Kulturgut in die bayerische Geschichte eingegangen, wäre da nicht die Trennung Salzburgs von Bayern vereinbart worden. Die Stadt Laufen blieb bayerisch, das kleine Oberndorf am anderen Flussufer wurde österreichisch.

Joseph Moor hatte den Text aus Sehnsucht nach Frieden verfasst. Das vom Napoleonischen Krieg gebeutelte Bayern war von Hunger, Elend und Arbeitslosigkeit geprägt. Heute, 200 Jahre später, gehören Katastrophen-Meldungen fast zur Tagesordnung. Stille Nacht, Heilige Nacht – am 24. Dezember scheint die Welt wenigstens für ein paar Minuten stillzustehen.

In diesem Sinn –

herzlich

Ihre Carolin

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