München – Die Sprecherin der Bayerischen Zugspitzbahn, Verena Lothes, redet erst gar nicht lange drumrum. „Es ist klar, dass das ein Totalschaden ist“, sagt sie. Die Bahn werde „mit Sicherheit mehrere Wochen geschlossen bleiben“. Vielleicht sogar monatelang – aber darüber will Lothes lieber nicht spekulieren. „Wir halten uns an die Fakten“, sagt sie.
Fakt ist: Ein gerissener Kettenzug hatte am Mittwochabend einen Unfall ausgelöst, der die Zugspitzbahn noch lange beschäftigen wird. Dabei war ein unbemannter Bergekorb ungebremst in eine Seilbahnkabine gerauscht. Wie das passieren konnte, wird untersucht – wobei auch die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde für Seilbahnen ein Wort mitzureden hat. „Wahrscheinlich liegt ein Material- oder Fertigungsfehler vor“, sagt ihr Sprecher Peter Fürnrohr. „Für diesen Nachweis muss allerdings das schadhafte Kettenglied gefunden werden, das im Gelände an der Nordwand der Zugspitze liegt.“
Jetzt hängt das Stahl- und Glasknäuel in geschätzt 100 Metern Höhe am Tragseil – und eine Vielzahl von Experten zerbricht sich den Kopf, wie es von dort wegkommt. „Eine Bergung mit einem Hubschrauber ist nicht möglich“, sagte Arno Inauen vom Schweizer Seilbahn-Hersteller Garaventa. Dafür ist die Gondel mit einem Gesamtgewicht von über elf Tonnen viel zu schwer, dazu käme noch der Bergekorb mit weiteren 2,5 Tonnen. Er hat sich mit der eigentlichen Gondel verkeilt. Es bleibe eigentlich nur eine Alternative, sagt Inauen. „Wir werden versuchen, das Ganze raufzuziehen.“ Das sind 280 Meter am Seil bergauf. „Die Sicherheit der Monteure hat dabei Priorität“, erklärt dazu die Regierung von Oberbayern. In der Station könnten die zerknautschten Gondeln zerlegt und mit einem „Hilfsfahrzeug“ – einer Art Baustellen-Gondel – stückweise ins Tal befördert werden.
Doch so weit ist es jetzt noch nicht. Am Freitag fuhren zwei Spezialisten von Garaventa, der ehemalige Baustellenleiter und ein Cheftechniker, erst mal wieder zurück in die Schweiz. Der Techniker hatte sich am Donnerstag von einem Hubschrauber aus zur Unfallstelle abgeseilt und den Schaden aus nächster Stelle begutachtet. Übers Wochenende werden sie den Einsatz vorbereiten, Anfang nächster Woche soll die schwierige Operation dann beginnen.
Parallel dazu bereitet Garaventa den Neubau der Gondel vor. „Die Produktion der Bauteile wurde bereits aufgegleist“, teilen die Schweizer mit. Auch das ist keine einfache Geschichte. Denn die beiden Gondeln der Zugspitzbahn sind Spezialanfertigungen mit einer gewölbten Rundum-Verglasung bis zum Boden und einer Scheibenheizung, damit das Glas auch im Winter nicht anläuft. Garaventa stellt den Aufbau her, eine Subfirma namens CWA Construction die eigentliche Kabine. Zeitplan für den Neubau: unbekannt. Ob die Zugspitzbahn eine Zeit lang auch nur mit einer Gondel fahren könnte, wird geprüft.
Über die Höhe des Schadens und die Kosten für den Neubau der Gondel gab es am Freitag keine Angaben. Auch das Tragseil muss untersucht werden. „Im Moment gehen wir nicht davon aus, dass es beschädigt ist“, sagt Inauen.
Gegen Schäden ist die Zugspitzbahn versichert. Doch vermutlich kommen auf das Unternehmen, das zu 100 Prozent im Besitz der Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen ist, beträchtliche Einnahmeausfälle zu. Denn die neue Seilbahn, die sogar in New York beworben wurde, war die Hauptattraktion des Jahres und hatte zusätzliche Besucher angelockt. Allein in den ersten drei Monaten nach Inbetriebnahme (Dezember 2017 bis März 2018) fuhren über 100 000 Touristen mit dem neuen, jetzt arg demolierten Wunderwerk der Technik auf die Zugspitze. Diese Besucher dürften jetzt ausbleiben.
Der Zugspitzbahn war es am Freitag ganz wichtig, dass Deutschlands höchster Berg natürlich weiterhin erreichbar ist – mit der Zahnradbahn und der Gletscherbahn. Sie fahren in der Regel jede Stunde rauf. „Bei größerem Andrang gibt es einen Halbstunden-Takt“, sagt Sprecherin Lothes. Der Auftakt der Skisaison am 16. November sei nicht gefährdet.