300 Millionen Euro fürs Autoland Bayern

von Redaktion

Bayern will der Autobranche den Weg in die Zukunft ebnen. Ein 300 Millionen Euro schweres Maßnahmenpaket des Freistaats soll der Industrie, aber auch den Beschäftigten beim Wandel helfen.

VON MARTIN PREM

München – Wenn Politik, Industrie, Gewerkschafter und Arbeitgebervertreter an einem Tisch sitzen, geht es nicht immer friedlich zu. Beim gestrigen Zukunftsforum Automobil hatten die Teilnehmer Mühe, dass ihre Statements nicht wortgleich ausfielen. An der Botschaft „Bayern muss Autoland bleiben“, kam keiner vorbei. „Immerhin 16 Prozent der Beschäftigten in Bayern hängen an der Autoindustrie“, unterstrich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), den Stellenwert der Branche.

Angesichts der verbreiteten Meinung über die verschlafene Elektromobilität klang das alles wie ein trotziges Gegenhalten. Einig waren sich die 25 Teilnehmer des Forums auch, dass der Verbrennungsmotor kein Auslaufmodell ist. „Das Batterieauto ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss“, sagte Aiwanger. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor einem Benziner- und Diesel-Bann: „Verbotsstrukturen sind nicht das Richtige.“

Das war für BMW-Chef Oliver Zipse sichtbar Balsam. Denn für die Autoindustrie ist seit Langem klar, dass in den meisten Ländern der Welt, von denen viele wichtige Zielmärkte für Autos aus bayerischer Produktion sind, kein Mensch auch nur einen Gedanken an eine Ladeinfrastruktur verschwendet. Wer dorthin liefern will, kommt an Verbrennungsmotoren nicht vorbei. Und da liefern, so pflichtete Söder bei, Bayerns Autobauer Hightech.

Umgekehrt ist klar, dass ohne den verbreiteten Einsatz von Elektroautos in Europa die künftigen niedrigen CO2-Grenzwerte der EU nicht eingehalten werden können. Damit ist ein Umstieg der europäischen Autobauer unausweichlich. „Die Fahrzeugindustrie steht vor einem gewaltigen Umbruch“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der am Forum Beteiligten. Denn nicht nur die Elektrifizierung, sondern auch die Digitalisierung und die Entwicklung hin zum automatisierten Fahren erfordern Technologiesprünge. „Das Auto ist der Technologieträger der Zukunft“, sagt Söder.

Um die Industrie beim Umbau zu stützten, wurde beim Zukunftsforum ein 300-Millionen-Euro-Paket geschnürt. Genau sind es 302,7 Millionen, von denen aber 75 Millionen bereits beschlossen sind. Der Rest muss heute noch über den Nachtragshaushalt des Freistaats freigegeben werden: 60 Millionen sollen helfen, die finanzielle Basis von kleineren Unternehmen für die Transformation zu stärken. Mit 115 Millionen soll Fahrzeugtechnologie von morgen gefördert werden. 50 Millionen fließen letztlich in eine Infrastruktur, die es auch kleinen Unternehmen ermöglichen soll, Innovationen zu testen, zu demonstrieren und sinnvoll einzusetzen.

Außerdem sollen 77,7 Millionen Euro in die Weiterbildung von Mitarbeitern fließen. An diesem Punkt schieden sich die Geister dann doch: Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Johann Horn forderte „langfristige Qualifizierungspläne für die Belegschaften“. Er befürchtet, dass Unternehmen den Wandel nutzen, um „Produktion in großem Stil in Billiglohnländer zu verlagern“. Horn forderte von den Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung ein.

Dem Argument, dass der technologische Wandel Arbeitsplätze kosten wird, trat BMW-Chef Zipse entgegen. „Wir bauen Arbeitsplätze auf.“ Allein die Komplexität der Temperaturführung bei Antriebsbatterien sorge für mehr Beschäftigung.

Bei Zulieferern, die auf den Antriebsstrang spezialisiert sind, sehe man aber „keine optimistischen Gesichter“, sagte dagegen Horn. Er verwies auch auf die Stellenabbaupläne bei Continental und Schaeffler. „Das passt nicht zusammen mit öffentlichen Bekundungen.“

Artikel 2 von 8