Trotz Flaute: 2,6 Milliarden mehr als gedacht

von Redaktion

Für die Einnahmen des Staates hatten viele angesichts der schwachen Konjunktur schon rotgesehen. Doch ganz so schlimm kommt es nicht. Und in diesem Jahr hat der Bund sogar mehr Spielraum. Grund dafür ist auch der verschobene Brexit.

VON ANDREAS HOENIG UND THERESA MÜNCH

Berlin – Die schwächelnde Konjunktur schlägt weniger auf die Staatseinnahmen durch als bisher befürchtet. Bund, Länder und Kommunen müssen im nächsten Jahr zwar mit 1,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als zuvor erwartet. Für das laufende Jahr bleiben nach der Steuerschätzung vom Mittwoch aber erst einmal 2,6 Milliarden Euro mehr in den Kassen.

Mittelfristig dagegen sind die Prognosen schlechter: Bis 2023 rechnen die Steuerschätzer wegen der trüben Konjunktur mit insgesamt 7,1 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als noch im Frühjahr vorhergesagt, wie das Bundesfinanzministerium am Mittwoch bekannt gab. Mindereinnahmen von rund zehn Milliarden Euro für die Teil-Abschaffung des Solidaritätszuschlags sind darin noch nicht einmal berücksichtigt.

Obwohl die Steuereinnahmen geringer als bisher erwartet sein werden, hält Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in den kommenden Jahren keinen Kurswechsel in der Finanzpolitik für notwendig. Diese Einnahmen würden weiter steigen, aber nicht mehr so dynamisch, sagte Scholz in Berlin. Die Bundesregierung könne ihre Aufgaben schultern und sei in der Lage, ohne „hektische Korrekturen“ die Haushaltsplanung für die kommenden Jahre weiterzuführen. Zugleich sagte Scholz: „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.“

Auf den Steuerschätzungen basieren die Haushaltspläne der Bundesregierung und der Länder. Im Mai hatten die Schätzer vorhergesagt, dass die Einnahmen des deutschen Staates nicht mehr so stark steigen werden wie in den Jahren zuvor. Für die Zeit bis 2023 hatten sie im Vergleich zur Vorprognose ein Minus von 124,3 Milliarden Euro berechnet.

Seitdem jedoch musste die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr noch einmal nach unten korrigieren. Inzwischen erwartet sie, dass das Bruttoinlandsprodukt nur noch um 1,0 Prozent wachsen wird, statt wie bisher erwartet um 1,5 Prozent.

Scholz will trotz der schwächelnden Konjunktur und hoher Ausgaben für den Klimaschutz an der schwarzen Null im Haushalt festhalten – also einer Politik ohne neue Schulden. Vor allem mittelfristig könnte es aber enger werden, denn zusätzlich stehen ab 2021 womöglich Milliarden-Ausgaben für eine Grundrente an, über die Union und SPD schon seit Monaten verhandeln. Außerdem hat der Bund hoch verschuldeten Kommunen versprochen, bei der Tilgung von Altschulden zu helfen.

Im laufenden Jahr hat Scholz dagegen plötzlich mehr Spielraum als erwartet. Der Bund allein nimmt vier Milliarden Euro mehr ein als gedacht. Zum einen musste Deutschland wegen des verschobenen Brexits weniger an die EU zahlen als geplant. Dazu kommen robuste Einnahmen aus der Einkommen- und der Umsatzsteuer.

Die Unionsfraktion im Bundestag sprach sich dafür aus, die Steuermehreinnahmen des Bundes in diesem Jahr vollständig für den Digitalfonds zu verwenden.

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