Rentner schultern immer größere Steuerlast

von Redaktion

München – Immer mehr Rentner müssen Steuern bezahlen – aber gleichzeitig muss der Steuerzahler auch immer mehr in die Rentenversicherung einzahlen. Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Hier Fragen und Antworten zum Thema.

Wie viele Rentner mussten zuletzt Steuern zahlen?

Laut einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Frank Schäffler haben rund 4,4 Millionen Rentner und Rentner-Ehepaare (darunter 3,85 Millionen westdeutsche) rund 33 Milliarden Euro pro Jahr an Einkommensteuer gezahlt. Damit stammt fast ein Zehntel des Aufkommens der Einkommensteuer von Senioren. Wegen der geltenden Fristen zur Abgabe der Steuererklärung beziehen sich diese aktuellsten verfügbaren Zahlen auf das Jahr 2014. Gegenüber 2005 hat sich die Zahl der steuerpflichtigen Rentner bereits verdoppelt.

Sind darunter ausschließlich Rentner, die zusätzliche Einkünfte wie Mieteinnahmen haben?

Nein, 407 108 West-Rentner hatten nur ihre Rente, auf die sie Steuern zahlen müssen, bundesweit waren es rund 600 000 „Nur-Rentner“.

Warum werden immer mehr Rentner steuerpflichtig?

Seit 2005 werden die Renten schrittweise immer stärker besteuert. Wer 2005 oder früher in Rente ging, hat einen Freibetrag von 50 Prozent seiner Rente. Dieser Betrag (ohne jährliche Rentenerhöhungen) wird in Euro festgeschrieben bis zum Lebensende. Wer heuer in Rente geht, hat nur noch einen Freibetrag von 22 Prozent. Die restlichen 78 Prozent müssen als Einkommen versteuert werden.

Wie wirkt sich die Rentenerhöhung zum 1. Juli um 3,18 Prozent im Westen auf die Rentenbesteuerung aus?

„Infolge der Anpassungen der Rentenwerte zum 1. Juli 2019 werden voraussichtlich rund 48 000 Steuerpflichtige mit Rentenbezug zusätzlich einkommensteuerlich belastet“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die FDP-Anfrage.

Und wie viel Geld musste der Steuerzahler in die Rentenversicherung einzahlen?

97 Milliarden Euro und damit 27,5 Prozent des kompletten Bundeshaushalts im Umfang von 356 Milliarden sind 2017 an die Rentenversicherung geflossen. Der Zuschuss aus Steuermitteln wächst immer stärker an: Im Jahr 2017 überwies der Staat noch 91 Milliarden Euro an die Rentenkasse, 2016 waren es rund 87 Milliarden. Das heißt: Über zwei Drittel der Ausgaben des Sozialbudgets gehen für die Rente drauf.

Wie wird sich der Steuerzuschuss künftig entwickeln?

Im Jahr 2020 werden es 102 Milliarden Euro Zuschuss zur Rente sein und 2022 schon 110 Milliarden. Zum Vergleich: 2004 betrug der Steuerzuschuss „nur“ 77,4 Milliarden Euro.

Immer mehr Rentner müssen Steuer zahlen, gleichzeitig fließt immer mehr Steuergeld in die Rente – ist das nicht absurd?

Darin zeigt sich zumindest die Komplexität des Rentensystems: Die Rentenbesteuerung ist auf ein Verfassungsgerichtsurteil zurückzuführen, wonach Beamten-Pensionen steuerlich genauso behandelt werden müssen wie Renten. Die Tatsache, dass immer mehr Steuermittel in die Rentenkasse fließen, ist hingegen rein politisch begründet: Zum einen findet so eine gewisse Umverteilung statt: Einkommensstarke Steuerzahler finanzieren die Unterstützung für Menschen mit geringer Rente mit. So würden die Pläne von Finanzminister Olaf Scholz für ein dauerhaft stabiles Rentenniveau von 48 Prozent deutlich höhere Steuerzuschüsse erfordern: Nach Berechnungen des Ökonomen Axel Börsch-Supan müsste die Mehrwertsteuer von 19 auf 22 Prozent erhöht werden, um die Rentenstabilität bis 2040 zu sichern. Zum Zweiten werden aus der Rentenkasse seit 1957 zahlreiche versicherungsfremde Leistungen finanziert – laut der Teufel-Tabelle flossen allein 2017 rund 58 Milliarden Euro für Leistungen wie die Folgekosten der Wiedervereinigung, die eigentlich aus Steuermitteln bezahlt werden sollten. KLAUS RIMPEL

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