Weiterer Aufschub für die Zinswende?

von Redaktion

Frankfurt – Mario Draghi und der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) werden am morgigen Donnerstag auf ihrer zweiten zinspolitischen Sitzung in diesem Jahr nicht darum herumkommen: Sie werden ihre Wachstumsprognosen weiter herunterschrauben müssen. Im Dezember hatten sie für 2019 noch ein Plus von 1,7 Prozent vorausgesagt. Die Konjunktur habe sich stärker abgekühlt als von der EZB erwartet, heißt es mittlerweile aus dem Rat. Commerzbank-Ökonom Michael Schubert glaubt, dass die Prognose auf 1,2 Prozent gedrückt wird. Damit ist klar: Eine Zinserhöhung dürfte erst 2020 kommen. Und zuvor könnte die EZB Banken über einen sogenannten Langfristtender weiteres billiges Geld bereitstellen, damit sie mehr Kredite vergeben.

Seit drei Jahren liegt der Leitzins der EZB bei null Prozent. Parken die Institute Liquidität bei der Notenbank, müssen sie seit 2014 sogar zahlen – zunächst einen Minus-Zins von 0,1 Prozent und seit März 2016 sogar minus 0,4 Prozent. Daran wird sich 2019 sehr wahrscheinlich nichts ändern. Bisher sagt die EZB, die Zinsen würden „mindestens über den Sommer hinaus“ auf dem aktuellen Niveau bleiben. Möglicherweise ändert die Notenbank am Donnerstag ihre Sprachregelung und damit die sogenannte „Forward Guidance“, die Orientierung für den Finanzmarkt. Volkswirte rechnen mittlerweile erst 2020 mit einem ersten Zinsschritt nach oben. Zumal auch die Inflationsrate weiter deutlich unter der von der EZB gewünschten Marke von zwei Prozent bleiben wird, möglicherweise bis 2021. Der Inflationspfad werde wohl flacher ausfallen als bislang erwartet, sagt Direktoriumsmitglied Benoit Cœure. In diesem Jahr dürfe sie im Euroraum bei kaum mehr als 1,5 Prozent liegen.

EZB-Chef-Ökonom Peter Praet warnt mittlerweile vor einer Abwärtsspirale, bei der schwache Wirtschaftsdaten und daraus resultierendes sinkendes Vertrauen für eine weitere Talfahrt sorgen, befördert auch durch die Handelskonflikte und Probleme in der Eurozone, etwa in Italien. ROLF OBERTREIS

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