München – In Bayern sind mehr als 70 Prozent der Frauen, die 2017 in Rente gingen, von Altersarmut bedroht. Das geht aus dem aktuellen Rentenreport des DGB Bayern hervor, den die Gewerkschaft gestern veröffentlichte. Bei den Männern müssen demnach 37 Prozent der Neurentner fürchten, dass das Geld im Alter knapp wird.
„Es ist ein Skandal in so einem reichen Land, wenn die Rente nicht zum Leben reicht“, sagte der Vorsitzende des DGB Bayern, Matthias Jena, am Freitag in München. „Frauen, die 2017 in Rente gegangen sind, erhielten im Durchschnitt nur rund 63 Prozent so viel Rente wie die Männer.“ Der Grund für den Unterschied: Viele Frauen waren wegen der Kindererziehung in ihrem Leben seltener in einem Beschäftigungsverhältnis – und wenn doch, haben sie meist weniger verdient als Männer. Weil sie damit weniger in die Rentenkasse eingezahlt haben, ist ihr Rentenanspruch gering.
Laut DGB gelten Rentner in Bayern als arm, wenn sie im Monat weniger als 1074 Euro an gesetzlicher Rente erhalten. Frauen, die in Bayern 2017 in Rente gegangen sind, erhielten im Schnitt 684 Euro. Männer bekamen durchschnittlich 1141 Euro Rente.
Der DGB hatte für seinen Rentenreport allerdings nur Daten der gesetzlichen Rentenversicherung ausgewertet. Senioren, die zusätzlich zur gesetzlichen Rente eine betriebliche Altersvorsorge beziehen oder über Immobilienvermögen verfügen, können damit in der DGB-Statistik trotz eines ausreichenden finanziellen Polsters unter die Armutsschwelle fallen.
„Fakt ist aber auch: Die gesetzliche Rentenversicherung ist das Alterssicherungssystem mit der weitaus größten Bedeutung“, sagte Jena. „Gerade die Menschen, die im Berufsleben wenig verdienen und somit später auch nur sehr niedrige gesetzliche Renten bekommen, können es sich oft schlichtweg nicht leisten, privat vorzusorgen.“ Auch eine betriebliche Altersvorsorge gebe es im unteren Lohnsegment kaum.
Die Bundesregierung versucht inzwischen gegenzusteuern: Vor vier Wochen hatte der Bundestag den Plänen der Regierung zugestimmt und eine neue Haltelinie für die Höhe der Renten in Deutschland definiert. Seitdem gilt: Die Rente eines sogenannten Standardrentners darf in Deutschland nicht weniger als 48 Prozent des Gehalts eines Durchschnittsverdieners betragen. Zumindest bis 2025 gilt diese Untergrenze.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende in Bayern, Verena Di Pasquale, lobte diesen Schritt als überfällig, forderte aber, das Niveau weiter anzuheben und „dauerhaft zu stabilisieren“. Denkbar wäre ein Rentenniveau in Höhe von 50 Prozent, sagte sie.
Die Folge: Arbeitnehmer müssten dann mit höheren Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung rechnen, um die höheren Bezüge zu finanzieren. „In diesem Zusammenhang ist die beschlossene Deckelung des Beitragssatzes bis 2025 auf 20 Prozent der falsche Weg“, sagte Di Pasquale. Ins Spiel brachte sie einen Beitragssatz von 22 Prozent, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte teilen sollten. Aktuell liegt der Beitragstarif bei 18,6 Prozent. Die vom DGB geforderte Bekämpfung der Altersarmut würde damit nur gelingen, wenn Arbeitnehmer bereit wären, mehr zu zahlen. SEBASTIAN HÖLZLE