Auotmobilindustre

VW: Überraschender Erfolg und magere Aussichten

von Redaktion

Wolfsburg – Volkswagen-Chef Herbert Diess will die Not zur Tugend machen und die kostspieligen Probleme mit neuen Abgastests auch zum Aufräumen nutzen. Der seit etwas mehr als 100 Tagen amtierende Münchner will sich bei seinem Anspruch, den weltgrößten Autobauer schneller und flexibler zu machen, nicht von mauen Aussichten für das zweite Halbjahr bremsen lassen – ebenso wenig von neuen Milliardenkosten für die Dieselaffäre.

Weil VW bei der Zertifizierung von Automodellen mit dem neuen Abgastest WLTP nicht nachkommt, droht dem Konzern bei Auslieferungen und Gewinn in den kommenden Monaten eine Durststrecke. „Wir werden über drei Monate voraussichtlich 30 bis 50 Prozent weniger Varianten anbieten können“, sagte Diess am Mittwoch in Wolfsburg.

Grund ist, dass VW bei mehr als 260 Motor- und Getriebekombinationen nachmessen und neu zulassen muss. Diess will die Gelegenheit nutzen: Seit vielen Jahren gilt die Zahl der Modellvarianten im VW-Konzern als zu hoch. Das treibt die Kosten in der Entwicklung. Das Unternehmen werde das Angebotsportfolio in den kommenden Jahren reduzieren, sagte der VW-Chef.

An der laut Diess „überhasteten“ Einführung des WLTP-Verfahrens sei Volkswagen ja ohnehin nicht ganz unschuldig, gab er mit Blick auf den Dieselskandal um manipulierte Abgastests zu. Das Problem tue trotzdem weh. „Wir haben auch gehofft, dass wir es ein bisschen besser managen, wenn wir ehrlich sind.“

Zwischen April und Juni kletterten die Auslieferungen im Jahresvergleich um knapp sieben Prozent auf 2,8 Millionen Fahrzeuge. Der Umsatz stieg um 3,4 Prozent auf 61,1 Milliarden Euro. Im zweiten Quartal sorgten das Absatzplus und Erfolge bei teureren Autos wie SUVs für einen deutlichen Sprung beim operativen Ergebnis. Zudem wurde die Kernmarke VW auch dank Kostensenkungen erneut deutlich profitabler.

Vor Zinsen und Steuern sowie vor Sondereffekten kletterte der Gewinn überraschend fast um ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro. Doch nach wie vor liegt der Dieselskandal dem Konzern mit weiteren Milliardenkosten schwer im Magen. Der Konzern stellte nun zusätzliche 600 Millionen Euro für „Rechtsverteidigungskosten“ zurück. Damit steigt die Diesel-Rechnung auf bisher 27,4 Milliarden Euro.

Die Sonderbelastungen sorgten auch dafür, dass der Gewinnanstieg unterm Strich mit knapp sieben Prozent auf 3,3 Milliarden Euro deutlich schmaler ausfiel als beim operativen Ergebnis. Die Konzernprognose von 6,5 bis 7,5 Prozent Betriebsgewinn vom Umsatz wird VW nur noch unter Ausklammerung der Sondereinflüsse erreichen.  dpa

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