G7-Debakel

In Bayerns Wirtschaft wächst die Sorge vor einem Handelskrieg

von Redaktion

Nach dem Debakel um den Rückzug des US-Präsidenten Donald Trump vom G7-Gipfel und dessen Abschlusserklärung wächst die Angst vor einem Handelskrieg. Als besonders exportstarkes Bundesland wäre der Freistaat Bayern von möglichen Zöllen und Gegenzöllen besonders betroffen, erklärt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) im Interview.

-Fürchten Sie nach dem Eklat auf dem G7-Gipfel nun eine Eskalation des Handelskonfliktes zwischen den USA und Europa?

Diese Gefahr besteht real. Man kann nur an die Vernunft aller Beteiligten appellieren. Denn bei einem Handelskrieg verlieren alle gemeinschaftlich. Nicht nur die EU und die USA, sondern auch Kanada und Japan.

-Wie wäre Bayern betroffen?

Unsere Wirtschaft ist sehr stark auf Amerika ausgerichtet und ein nicht unbeträchtlicher Teil unseres Wohlstandes ist davon abhängig. Über elf Prozent der bayerischen Exporte gehen in die USA – und zwar seit Jahren mit steigender Tendenz. Die USA sind unser wichtigster Exportpartner, bundesweit liegt Amerika nur auf dem dritten Platz. Ein gutes und berechenbares Verhältnis ist für Bayern also noch wichtiger als für Deutschland insgesamt. Von Berechenbarkeit sind wir heute aber leider ein gutes Stück entfernt.

-US-Präsident Trump hat explizit die Autoindustrie genannt, die künftig mit Strafzöllen belegt werden könnte. Wie viel exportieren Bayerns Autofirmen denn in die USA?

Die genannten elf Prozent entsprechen zuletzt 21,5 Milliarden Euro Export insgesamt im Jahr. 36 Prozent davon entfallen auf Kraftwagen und Kraftwagenteile.

-Also wären Autobauer und Autozulieferer von möglichen Zöllen am stärksten getroffen.

Aufgrund der herausragenden Rolle des Automobilsektors wäre eine Erhebung von neuen Zöllen auf Autos und Autoteile gravierend für die deutsche und bayerische Wirtschaft.

-Sind Sie schon in Sorge um bayerische Arbeitsplätze?

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Aber es stimmt schon, wenn es so gravierende Veränderungen auf einem der Hauptexportmärkte gibt, bleibt das nicht ohne Folgen.

-Könnte man das, was möglicherweise durch den US-Markt wegbricht, kompensieren? Womöglich durch eine Beendigung der Russland-Sanktionen?

Angesichts des Umfangs der Handelsbeziehungen zwischen Bayern und den USA ist dies sicher nicht die Lösung. Aber es stellt sich schon die Frage, wohin sich Europa künftig hinsichtlich seiner Absatzmärkte orientiert.

-Die Bundeskanzlerin hat ja schon davon gesprochen, dass man sich dann stärker auf Kanada und Japan konzentrieren könnte. Das könnten auch bayerische Exporteure tun, oder nicht?

Das kann man so pauschal nicht sagen, das ist bei jedem Unternehmen anders. Es kommt hier auf Angebot und Nachfrage an.

-Spüren Sie eine wachsende Sorge in den bayerischen Betrieben?

Ja. Die Diskussion über mögliche Autozölle behindert den freien transatlantischen Handel und schafft Verunsicherung für die Wirtschaft. Es darf keine Spirale gegenseitiger Handelshemmnisse in Gang gesetzt werden.

-Wie soll Europa reagieren?

Man muss klar, angemessen und mit Ruhe und Bedacht reagieren. Die Europäer müssen klar sagen, was für sie unverzichtbar ist und was sie den Amerikanern dafür anbieten können. Dafür muss die Europäische Union natürlich stärker als bisher mit einer Stimme sprechen.

Interview: Corinna Maier

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