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Grundsteuer: Jetzt muss neues Gesetz her

von Redaktion

Von Hannes Koch

Karlsruhe/München – So wie die Grundsteuer augenblicklich berechnet wird, ist sie verfassungswidrig. Dieses Urteil fällte gestern das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12). Bis spätestens Ende 2019 muss sie grundsätzlich renoviert werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das betrifft die Kosten von Millionen Eigentums- und Mietwohnungen. In vielen Fällen werden diese steigen, wenn auch meist wohl nicht dramatisch.

Steuer ist ungerecht

Die Begründung des Urteils ist unter dem Strich einfach: In ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung sei die Steuer ungerecht, erklärten die Richterinnen und Richter. Die Berechnung der Abgabe verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz, denn es komme zu „gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen“.

Seit 1964 habe es in den alten Bundesländern keine ausreichende Neubewertung von Grundstücken und Wohnhäusern mehr gegeben, rügte das Gericht. „In zunehmendem Maße“ seien deshalb „Wertverzerrungen innerhalb des Grundvermögens“ zu verzeichnen. Auch deshalb falle die Steuer für ähnliche Immobilien sehr unterschiedlich aus, je nachdem, wo sie stehen. Dass dem Staat der Verwaltungsaufwand für eine Neubewertung zu hoch sei, wollte das Gericht nicht als Ausflucht akzeptieren.

Mehrere Immobilienbesitzer hatten geklagt. Auch der Bundesfinanzhof hatte das oberste Gericht angerufen.

Gericht gewährt lange Übergangszeit

Das Gericht erlaubt der Politik jedoch, die alten Werte bis spätestens Ende 2024 weiterzubenutzen. Ein plötzlicher Anstieg der Steuer und damit der Wohnungskosten auf breiter Front ist nicht zu befürchten. Bundesregierung, Bundesrat und Kommunen könnten nun eine gut fünfjährige Übergangsphase einbauen. Ab 2025 allerdings müssen neue, realistische Werte gelten.

Steueraufkommen soll nicht steigen

In vielen Fällen dürfte das dazu führen, dass die Grundsteuer steigt. Das betrifft besonders Immobilienwerte zum Beispiel in Städten, die während der vergangenen Jahrzehnte hohe Preissteigerungen verzeichneten. Freilich beruht die neue Einstufung der Grundstücke und Gebäude nicht nur auf der aktuellen Berechnung des Wertes. Länder und Kommunen haben außerdem die Möglichkeit, die Höhe der Steuer durch regional differenzierte Faktoren zu beeinflussen.

Eine große Rolle spielen die individuellen Hebesätze der einzelnen Städte und Gemeinden. Am Ende dürfte die Mehrbelastung in den meisten Fällen moderat ausfallen. Diese betrifft auch Millionen Mieter, denn Immobilienbesitzer können die Grundsteuer umlegen.

Bund, Länder und Gemeinden haben ohnehin schon angekündigt, dass das Aufkommen aus der Steuer nicht steigen soll. Wenn einige Wohnungs- und Hausbesitzer sowie Mieter mehr zahlen, werden andere entlastet. Die Einnahmen aus der Grundsteuer, die ausschließlich den Kommunen zugutekommen, liegen bei weit über 13 Milliarden Euro pro Jahr.

Verschiedene Modelle

Die Mehrheit der Bundesländer hat bereits ein neues Verfahren ausgearbeitet, das auf der Einschätzung sowohl der Grundstücks- als auch der Gebäudewerte beruht. Weil es kompliziert ist, könnte die Umsetzung aber bis zu zehn Jahren dauern – zu lang angesichts der Vorgaben des Verfassungsgerichts. Unter anderem deshalb schlagen beispielsweise die Immobilienbesitzer-Vereinigung Haus & Grund und Clemens Fuest, der Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, vor, nur die Grundstücks- und Gebäudeflächen als Basis der Berechnung heranzuziehen.

Noch einfacher sei es, nur die Grundstücke zu besteuern, argumentiert ein Verbände-Bündnis, dem unter anderem der Naturschutzbund Nabu, der Mieterbund und und das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln angehören. Stiege die relative Belastung für brachliegende Flächen, wirkte das zudem als Anreiz, neue Wohnhäuser zu errichten, die derzeit fehlen, sagen die Befürworter.

Landwirtschaft nicht betroffen

Die jetzige Debatte dreht sich um die sogenannte Grundsteuer B für unbebaute und bebaute Grundstücke. Die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist nicht betroffen.

Verbraucher müssen abwarten

Für Verbraucher besteht aber noch kein Handlungsbedarf. „Für Eigentümer und Mieter ändert sich durch das Urteil zunächst nichts. Die Politik hat nun bis Ende 2019 Zeit, ein neues Gesetz dazu auf den Weg zu bringen“, erklärt Zenon Bilaniuk vom Bund der Steuerzahler.

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