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Börsengänge: So wird man Aktionär

von Redaktion

von manuela dollinger

München – Seit den Zeiten, als Deutsche Telekom, Deutsche Post und Infineon aufs Parkett gingen, dümpelt der Markt für Börsengänge mehr oder weniger vor sich hin. „Seit Jahren gehört Deutschland im internationalen Vergleich bei der Zahl der Börsengänge zu den Schlusslichtern“, sagt Christine Bortenlänger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts. Während in Deutschland im vergangenen Jahr alle 14 Börsengänge 2,8 Milliarden Euro einspielten, lag das Volumen in den Vereinigten Staaten laut der Beratungsfirma EY bei 31,6 Milliarden, in China sogar bei fast 40 Milliarden Euro. Doch 2018 kommt Schwung aufs Börsenparkett. Es steht eine ganze Reihe an sogenannten IPOs (Initial Public Offering) an. Bereits am 16. März kommt das größte Debüt seit dem Börsengang der Telekom: die Siemens-Medizin-Sparte Healthineers geht an die Börse. Wir erklären, was Anleger jetzt wissen sollten.

-Siemens hat die letzten Details zum Börsengang der Healthineers AG veröffentlicht. Demnach können Anleger ab heute eine Order abgeben. Wie funktioniert das?

Wie Siemens am Sonntag mitteilte, startet der Verkauf am heutigen Dienstag und läuft bis zum 15. März. Der erste Handelstag im Regulierten Markt (Prime Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse soll am folgenden Tag, also am 16. März, sein. Angegeben werden sollen 150 Millionen Aktien – und zwar mittels einer Zweitplatzierung aus dem Bestand von Siemens. Das bedeutet, dass es keine neuen Papiere geben wird. „Wenn Aktien aus einer solchen Abspaltung auf den Markt kommen, können Anleger innerhalb der Angebotsfrist bei der Bank eine Order aufgeben. Privatanleger gehen dazu zum Beispiel zum Wertpapierberater ihrer Hausbank oder geben eine Order bei einer Direktbank online auf“, erklärt Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing bei München.

-Die Preisspanne für die Papiere hat Siemens auf 26 bis 31 Euro festgesetzt. Was bedeutet das?

„Der endgültige Preis der Aktie hängt am Ende davon ab, wie groß die Nachfrage war. Man erfährt ihn erst nach Ablauf der Angebotsfrist. Das Verfahren nennt sich bookbuilding-Verfahren“, erklärt Kühn. Sollten alle angebotenen 150 Millionen Aktien zum Maximalpreis von 31 Euro verkauft werden, würden Siemens 4,65 Milliarden Euro zufließen (beim Minimalpreis wären es 3,9 Milliarden Euro). Bei einem maximalen Streubesitz von 15 Prozent würde die Tochter damit mit 31 Milliarden Euro bewertet, Analysten hatten Healthineers im Vorfeld einen Marktwert von bis zu 40 Milliarden Euro zugetraut. „Die Preisspanne ist sicherlich eher weiter unten als bei den Höchstzeiten. Aber ein Börsengang muss immer den Umständen angemessen sein. Die Börsen sind im Moment etwas volatiler, deswegen hat man sicherlich den Kurs nicht ausgereizt“, meint dazu Anlegervertreterin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Ein Aufstieg in den Dax, wie von manchen Marktbeobachtern zunächst gemutmaßt, ist vorerst nicht zu erwarten.

-Können Anleger, die eine Order abgeben, auch sicher sein, dass sie die gewünschte Zahl an Aktien erhalten?

Nicht unbedingt. „Ist die Nachfrage sehr hoch, kann es auch sein, dass man trotz Order am Ende leer ausgeht oder nur einen Teil der gewünschten Stücke erhält“, sagt Kühn. „Man kann auch abwarten, bis die Aktie gehandelt wird und dann kaufen“, so die Anlageberaterin. Was den Kaufpreis angehe, sei man dann mit einer Limit-Order auf der sicheren Seite, man nennt der Bank eine Obergrenze für den Kaufpreis. Andererseits müsse man auch sehen: „Geht der Kurs bereits am ersten Handelstag nach oben, haben Anleger mit Erstzeichnung bereits Gewinn gemacht.“

-Sind weitere Börsengänge in nächster Zeit geplant?

Ja. Eine ganze Reihe von Unternehmen, darunter einige Schwergewichte, wollen in diesem Jahr an die Börse. Bereits angekündigt hat die Deutsche Bank eine Minderheit ihrer Fondstochter DWS für geschätzt rund zwei Milliarden Euro an die Börse bringen zu wollen. Auch der Volkswagen-Konzern will einem Medienbericht zufolge seine Lkw-Sparte mit den Marken Scania und MAN möglichst bald an die Börse bringen. Geprüft wird auch ein Börsengang beim Münchner Bremsenhersteller Knorr Bremse. Auch die Deutsche Börse erwartet in diesem Jahr einen Schub für Börsengänge. „Ich gehe von einer größeren einstelligen Zahl an Unternehmen aus, die wir in diesem Jahr in Scale begrüßen können und von einem kleineren zweistelligen Betrag IPOs insgesamt“, sagte Vorstandsmitglied Hauke Stars vergangene Woche in Frankfurt. Das Segment „Scale“, das die Deutsche Börse seit 2017 im Angebot hat, richtet sich an kleine und mittlere Unternehmen. „Wenn sich das Börsenumfeld wieder vollständig stabilisiert hat, wird es sicherlich zu weiteren Börsengängen kommen“, glaubt auch Daniela Bergdolt. Vielleicht steigt mit der Zahl der Börsengänge auch die Zahl der Aktionäre in Deutschland. Derzeit liegt sie laut Aktieninstitut bei rund zehn Millionen.  mit dpa

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