München – Ein Viertel hat die als einziger Medienwert im Dax notierte Aktie der Münchner TV-Gruppe ProSiebenSat1 dieses Jahr verloren. Sie ist damit das schlechteste aller Dax-Unternehmen. Am Mittwoch konnte das Papier aber zeitweise um gut drei Prozent auf knapp 28 Euro zulegen, während alle anderen 29 Dax-Titel mehr oder weniger stark im Minus notierten.
ProSiebenSat1 hat gegenüber Analysten eine modifizierte Konzernstrategie sowie -struktur präsentiert und dafür Vorschusslorbeeren geerntet, obwohl mit den neuen Plänen gedämpftes Wachstum einhergeht. „Ich bin überzeugt, dass ProSiebenSat1 mit dieser neuen Struktur weiterhin nachhaltig erfolgreich sein wird“, erklärte Konzernchef Thomas Ebeling. Im Amt erleben wird er diese Prognose nicht mehr, selbst wenn sie eintreffen sollte. Denn Ebeling muss im Februar abtreten, ohne dass bislang ein Nachfolger gefunden wäre.
Die neue Struktur, von der er spricht, ist so neu nicht. Denn sie sieht vor, den Konzern wieder auf drei Säulen zu stellen. Dazu wird das gesamte TV-Geschäft vom traditionellen Fernsehen bis zu Online-TV wie der konzerneigenen, aber defizitären Internet-Videothek Maxdome unter ein Dach namens Entertainment gebracht. Die erst vor eineinhalb Jahren gebildete vierte Konzernsparte, in der unter anderem Maxdome und die auf YouTube betriebene Videoplattform Studio71 als vermeintlich zukunftsträchtig zusammengefasst waren, wird wieder auseinandergerissen. Daneben existieren weiterhin die beiden anderen Konzernsäulen Inhalteproduktion und globaler Verkauf sowie Internetgeschäfte mit Online-Plattformen wie Parship Elite, Verivox oder Jochen Schweizer.
Sowohl die 21 Produktionsfirmen der Münchner als auch der Bereich eCommerce werden aber für Investoren geöffnet. Im Fall der Internetplattformen stehe man bereits in Gesprächen mit möglichen Partnern, die im zweiten Quartal 2018 abgeschlossen sein sollen, hat Ebeling verkünden lassen. Gemeinsam mit diesen neuen Investoren sollen dann im großen Stil weitere Online-Plattformen gekauft werden, die man per TV-Werbung in den konzerneigenen Sendern von ProSieben über Sat1 bis Kabel1 bekannt und erfolgreich machen will. Im Bereich Inhalteproduktion sind Partnerschaften erst angedacht, aber noch nicht auf die Schiene gesetzt.
ProSiebenSat1 muss dringend ins eigene Programm investieren, weil das in letzter Zeit sträflich vernachlässigt wurde. Davon künden gesunkene Zuschauerzahlen. Mehr Eigenproduktion könnte diesen Trend wieder umkehren, falls die neuen Shows oder Serien bei den eigenen Zuschauer ankommen, die Ebeling zuletzt als „etwas fettleibige und ärmliche Menschen“ verunglimpft hatte.
Die Reduzierung von vier auf drei Geschäftsbereiche, die nächstes Jahr vollzogen wird, soll bis 2019/20 jährlich gut 50 Millionen Euro sparen. Das könnte auch zu Stellenabbau führen, den der Konzern allerdings noch nicht beziffert. Zuletzt haben 6446 Frauen und Männer für die TV-Gruppe in Unterföhring vor den Toren Münchens gearbeitet. Das Management will nun mit dem Betriebsrat das Gespräch suchen. Unter dem Strich soll das alles bis 2022 aus eigener Kraft eine Milliarde Euro mehr Umsatz bringen. Dazu kämen noch eventuelle Zukäufe. 2017 steuern die Münchner auf rund vier Milliarden Euro Umsatz zu. Das wären etwa fünf Prozent mehr und damit nur ein halb so hoher Zuwachs wie einmal angekündigt. Auf dieses abgesenkte Wachstumsniveau zielen auch die bis 2022 reichenden Pläne. t. magenheim-hörmann