Finanzpolitik

Junckers Wunschzettel für Europa

von Redaktion

Von Alkimos Sartoros

Brüssel – Kurz vor Jahresende präsentiert die EU-Kommission einen umfassenden Ideenkatalog für die Zukunft der Eurozone und der EU-Finanzpolitik. Behördenchef Jean-Claude Juncker, dessen Amtszeit 2019 endet, bereitet damit möglicherweise schon sein Erbe vor. Die Debatten um seine Ideen könnten aber noch länger andauern. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

-Warum kommt die EU-Kommission jetzt mit einer Fülle an Vorschlägen?

Die Debatte um die Reform der Eurozone schwelt schon lange. Bereits während der Schuldenkrise wurden vor allem ab 2010 grundlegende Entscheidungen getroffen: Beispielsweise wurde 2012 der permanente Euro-Rettungsschirm ESM geschaffen, der Krisenstaaten Kredite geben kann. Zudem wurden rund 100 Banken unter die Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) gestellt sowie ein gemeinsames Bankenabwicklungssystem (SRM/SRF) geschaffen. Experten sehen aber noch Lücken. „Nach den Krisenjahren ist es nun an der Zeit, Europas Zukunft in unsere Hände zu nehmen. Dank des robusten Wirtschaftswachstums können wir heute weiter voranschreiten“, meint EU-Kommissionschef Juncker. Denn: „Das Dach sollte man am besten dann reparieren, wenn die Sonne scheint.“

-Wie ist denn die Lage in Europa?

In der EU und in den 19 Staaten, die den Euro als Währung eingeführt haben, ist die Situation so gut wie lange nicht. Prognosen zufolge soll die Wirtschaft in der Eurozone 2017 um 2,2 Prozent und 2018 um 2,1 Prozent wachsen. Der Euroraum könnte damit das stärkste Wirtschaftswachstum seit gut einem Jahrzehnt hinlegen. Gleichzeitig soll die Schuldenquote – also das Verhältnis der Staatsschulden zum BIP – 2017 auf 89,3 und 2018 auf 87,2 Prozent sinken. Wegen übermäßiger Neuverschuldung befinden sich zudem nur noch Frankreich und Spanien unter einem gesonderten Überwachungsverfahren. Zu Hochzeiten der Krise waren es mehr als 20 Länder.

-Was sind die weitestreichenden Ideen aus Brüssel?

Der Vorschlag, den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) auszubauen, könnte langfristig die größten Folgen haben. Derzeit wird der Fonds von den Regierungen der Nationalstaaten finanziert und kontrolliert. Die EU-Kommission will ihn mit mehr Kompetenzen ausstatten und vor allem ins EU-Institutionengefüge einbinden. Das würde bedeuten, dass Kommission und Europaparlament größeren Zugriff auf ihn haben. Der ESM hat derzeit ein Volumen von gut 500 Milliarden Euro, der künftige EWF könnte über noch mehr Geld verfügen.

Brüssel wünscht sich künftig außerdem einen EU-Finanzminister, der gleichzeitig EU-Vizekommissionspräsident und Vorsitzender der Eurogruppe wäre, also des informellen Gremiums der Länder, die den Euro eingeführt haben. Dieser könne unter anderem für eine „kohärentere“ Finanzpolitik in Europa sorgen, heißt es aus der EU-Kommission. Außerdem solle der EU-Finanzminister die Europäische Union auf internationalem Parkett vertreten – so wie es die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bereits in der Außen- und Sicherheitspolitik tut.

-Gibt es darüber hinaus noch Ideen?

Brüssel möchte Staaten, die den Euro einführen wollen, stärker zur Seite stehen. Sie sollen sich demzufolge um maßgeschneiderte Unterstützung bewerben können. Juncker hatte bereits im September den Euro als Währung für alle EU-Staaten gefordert.

-Wie stehen die Chancen, dass einige der Ideen Realität werden?

Nicht unbedingt gut. Aus dem Kreis der EU-Finanzminister, die letztlich über die Schritte mitentscheiden, gab es zuletzt wenig Begeisterung angesichts der erwarteten Ideen. Die Kommission lege eine breite Wunschliste vor, hieß es hinter vorgehaltener Hand in Brüssel. Die größten Chancen scheint aber zumindest eine teilweise Ausweitung des ESM zu haben – etwa mit mehr Kompetenzen bei der Bankensicherung.

-Wie geht es nun konkret weiter?

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden am 15. Dezember bei einem Euro-Gipfel über die Zukunft der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beraten. Konkrete Schritte sollen dann 2018 folgen. Die Beteiligten sind sich jedoch weitgehend einig, dass die grundlegenden Reformen Jahre dauern könnten.

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