Ein Prosit auf die Genießer-Mass

von Redaktion

Wiesnzeit –Bierzeit. So einfach? Der Trend geht eher zum „bewussten Biertrinken“

Rosenheim/Mühldorf – Mit dem heutigen Herbstfestauftakt in Rosenheim und Mühldorf hat auch das „flüssige Gold“ wieder Hochkonjunktur: Wenn es mehrmals am Tag aus den Festzelten der Brauereien „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ schallt, fließt im Anschluss hektoliterweise Rosenheimer Bier die durstigen Kehlen hinab.

„Obacht“, sagt dazu Andreas Steegmüller-Pyhrr von der Rosenheimer Brauerei Flötzinger. Er möchte an dieser Stelle festhalten, dass „nicht jedes Prosit im Wiesnzelt automatisch eine verkaufte Mass bedeutet“.

24000 Masskrüge, 7000 gingen zu Bruch

Mit Zahlen, seien es der Bierkonsum auf der Wiesn, oder zum Bier-Umsatz, halten sich die Brauereien traditionell zurück. So viel verrät der Brauereigeschäftsführer dann aber doch: Dem Bierkonsum auf der Wiesn stehe stets auch die Kostenseite gegenüber: „170 Bedienungen, 60 Musikanten, 32 Sicherheitsleute“, zählt er auf. Sie alle müssten auch bezahlt werden. Insgesamt seien jährlich Kosten „in Millionenhöhe“ zu stemmen. Immerhin, im vergangenen Jahr, förderte unsere Zeitung aus dem eigenen Archiv zutage, wurden zu Beginn der Vorjahres-Wiesn im Vorfeld 24000 Masskrüge herbeigeschafft und knapp 7000 davon seien im Verlauf der 14 Tage zu Bruch gegangen. Bestätigen kann Steegmüller-Pyhrr: Das Bier komme nicht aus der Mode, „vom 25- bis zum 85-Jährigen“, wüssten die Wiesnbesucher das süffige Gold zu schätzen. „Ein bisserl mehr“ neigten selbige in jüngster Zeit zum alkoholfreien Bier, oft aus gesundheitlichen Gründen oder weil sie Autofahren müssten.

Als Alternative zur Apfelschorle. Wie bleiben handfeste Biertrinker in geselliger Runde möglichst lange fit? „Ein Wasser, nebenher getrunken, ist nicht verkehrt“, rät Steegmüller-Pyhrr, und er muss es wissen, trinkt er doch „gern und mit Genuss“ Bier, nicht nur beruflich. Seine Frau Marisa Steegmüller, ebenso Geschäftsführerin der Rosenheimer Traditionsbrauerei, könne da wie die meisten Damen nicht ganz so mithalten: „Sie trinkt am liebsten etwas Leichteres, Radler zum Beispiel.“ So, wie viele Geschlechtsgenossinnen im Bierzelt. Aber: „Ausnahmen bestätigen die Regel.“

„Der Mann trinkt, die Frau fährt ihn heim“ – dieses Klischee hält auch Thomas Frank aus der Geschäftsführung von Auerbräu für „längst überholt.“ Frauen würden heute genauso gern mal ein süffiges Bier trinken wie die Herren der Schöpfung, zum Beispiel ein ordentliches Herbstfestmärzen. Oder auch zwei. „Die Damen trinken auch Bier, es geht ihnen aber nicht darum, mit irgendwem mitzuhalten. Es geht ausschließlich um den Genuss, gutes Bier und gutes Essen, und die tolle Stimmung auf dem Herbstfest.“

Ganz generell, ist Franks Einschätzung, geht der Trend hin zum bewussten Biergenuss, das zeige der steigende Absatz von alkoholfreiem Bier und Radler. „Wer feiern will, der trinkt auch mal ein Radler im Voraus und das Bier eher als Abschluss.“ Alkoholfreies schenke Auerbräu in seinem Wiesn-Biergarten aus. Zur Mittagszeit könne man dort vermehrt Gruppen von Firmenmitarbeitern oder Geschäftspartner beim Mittagessen antreffen: „Geschäftsessen werden bei gutem Wetter gern auf die Wiesn verlegt.“ Zum guten Ton aber, weiß Frank, gehört neben dem Anzug dann doch der Griff zum Bier „ohne“. Besprechungen in lockerer Atmosphäre also gern, aber so, dass man noch konzentriert bei der Sache ist.

Noch einen Trend macht Frank aus: „Seit einigen Jahren schenken wir das alkoholfreie Bier auch vom Fass aus, dadurch kommt das Bier deutlich kühler und frischer beim Gast an als vorher, wo wir nur Flaschenware hatten.“ Die Fässer werden im Kühlwagen vor Ort gelagert. Anders als beim Transport von Biertragerln werde die Kühlkette so kaum mehr unterbrochen. Insgesamt erwartet Auerbräu auf der Wiesn 2019 einen ungebrochenen Bierdurst: Auf Vorjahresniveau werde der Konsum bleiben, schätzt Frank, „Tendenz nach oben“.

Bier-Genuss

mit Bio-Dinkel

Das erwartet auch Wolfgang Unertl von der gleichnamigen Mühldorfer Brauerei– dank neuem Zelt-Konzept auf der Mühldorfer Wiesn. Laute Musik für Feierwütige gibt´s heuer in der separaten Bar, im anderen Teil des Festzelts geht es gemütlicher zu, „so, dass man sich unterhalten kann.“

Seine Rechnung: mehr Besucherfrequenz, mehr Bierkonsum. Wobei dieser sogar nachhaltig ausfallen dürfte, liegt ein Schwerpunkt bei Unertl doch auf „Bio“: Entsprechend wird neben dem traditionellen Mühldorfer Weißbier auch Bio-Dinkel-Weiße und Bio-Russn ausgeschenkt, das zur je Hälfte aus Biodinkelbier und naturtrüber Zitronenlimo besteht. Gesüßt mit Agavensirup fast schon richtig g´sund: „Das spricht nach unserer Erfahrung Frauen wie Männer gleichzeitig an“, ist sich Unertl sicher.

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