Rosenheim/Mühldorf –Harte, ökonomische Kriterien waren angesetzt worden beim aktuellen, 16. Ranking der deutschen Landkreise und Kreisfreien Städte, welches das Magazin Focus Money durchgeführt hat. Einbezogen wurden 375 Standorte, wobei weitere 27 davon aus Mangel an verwertbaren Daten nicht berücksichtigt werden konnten.
Das Ergebnis für Südostoberbayern im Jahr 2018 fällt demnach gemischt aus, wenn auch nicht schlecht: In dieser Region besetzt der Landkreis Traunstein mit Platz 18 die beste Position – im 15. Ranking war es noch Platz 35. Nach oben gerutscht ist auch der Landkreis Mühldorf, und zwar auf Platz 60 (zuvor 119). Leicht nach unten ging es bei der Wertung auch für den Landkreis Rosenheim, auf Platz 56 von vormals Position 23.
Die Kreisfreie Stadt Rosenheim hingegen schnitt beim aktuellen Ranking sehr gut ab und schaffte den Sprung von vormals Platz 148 auf Platz 75.
Zur Wertung herangezogen wurden die Kategorien Bruttoinlandsprodukt (BIP), Zahl der Erwerbstätigen und Investitionen der Unternehmen je Erwerbstätigem, Wertschöpfung am Standort, Bevölkerungsentwicklung, die Arbeitslosenquote, das verfügbare Einkommen und die jeweilige Dynamik dabei. Eine gewisse Portion Skepsis sei angebracht bei solcherlei Standort-Rankings, lässt Rosenheims Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen durchblicken. Das Focus-Ranking habe sich auf die rein ökonomischen Faktoren konzentriert. „Allerdings gibt es auch weiche Indikatoren wie Sicherheit oder das regionale Immobilienpreisniveau, bei denen Rosenheim erfahrungsgemäß schwächer abschneidet.“
Mangel an Gewerbeflächen
Das aktuelle Ergebnis, Platz 75 für die Stadt, begrüßt er freilich: „Dass wir uns seit dem letzten Ranking so verbessert haben, ist hervorragend. Im gesamten Bundesgebiet außerhalb Bayerns wurden nur neun Städte besser bewertet als Rosenheim.“ Für unsere Zeitung interpretiert Bugl einige ausgewählte Kategorien, etwa die Investitionen je Erwerbstätigem: Damit gemeint sind die Investitionen der Unternehmen vor Ort in Maschinen und Anlagen sowie in Gebäude. Diese kommen hier in den Jahren 2012 bis 2016 laut Focus auf einen Mittelwert von 7467 Euro, zuletzt auf 7921 Euro und kommt damit aktuell auf Gesamtrang 222 (2016: 187). Wobei Bugl einschränkt, Investitionen in Gebäude fielen in Rosenheim mangels Fläche kaum ins Gewicht. Das könnte sich in Zukunft jedoch ändern: „Die Entwicklung neuer Gewerbeflächen am Bahnhof und in Brucklach wird sich in den nächsten fünf Jahren bemerkbar machen. Allein die geplanten und bereits durchgeführten Investitionen am Bahnhofsareal Nord würden das Bruttoinlandsprodukt der Stadt rechnerisch um über drei Prozentpunkte erhöhen.“
Daran zeige sich, dass Einzelprojekte je nach Größenordnung sich relativ schnell in der Wertschöpfung eines Standorts niederschlagen können. Investitionen sicherten immer die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft „und langfristig Arbeitsplätze.“ Dies sei vor allem für das verarbeitende Gewerbe von Bedeutung, das über 20 Prozent der hiesigen Wirtschaft ausmache.
Überrascht vom BIP-Ergebnis
Das verfügbare Einkommen je Einwohner in Rosenheim beziffert die Erhebung mit 21895 Euro im Mittel, damit liegt die Stadt auf Platz 176. „Innerhalb Bayerns liegen wir damit gut im Mittelfeld. Ich schätze diesen Wert als sehr realistisch ein. Vor einigen Jahren lag das verfügbare Einkommen im bayerischen Vergleich etwas höher, vermutlich spielen da Besonderheiten der statistischen Berechnung eine Rolle“, kommentiert Bugl.
Beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) – die wirtschaftliche Leistung – kommt die Stadt auf Rang elf und landet damit weit oben in der Rangliste. Das habe ihn überrascht, gibt Bugl zu: „Rosenheim hat wegen der fehlenden Flächen leider ein echtes Wachstumsproblem. Die Stadt hätte in dieser Kategorie auch schlechter abschneiden können.“
Ob es nun als „schlecht“ ist, dass der Landkreis Rosenheim im Ranking vom Platz 23 auf Platz 56 gerutscht ist? Wie Dezernent Bugl ist man auch bei der Wirtschaftsförderung des Landkreises Rosenheim vorsichtig skeptisch, was die Interpretation und überhaupt die Relevanz des Rankings für die Region betrifft. Die Rankings schaue man sich freilich an. Letztlich aber komme es aber auf die Methodik an, auf die Grundlagen für die Berechnung, zum Beispiel für die Bruttowertschöpfung.
Diese liegt laut Ranking je Erwerbstätigem auf landkreisebene bei 56828 Euro (Mittelwert von 2012 bis 2016), der Kreis rangiert danit auf Platz 219. „Der Wert der Bruttowertschöpfung ist nur ein Wert von vielen, der etwas über das Wohlergehen der Menschen in der Region aussagt“, gibt Peter Heßner von der Wirtschaftsförderung des Landkreises zu bedenken. „Welche Maßstäbe geeignet sind, um den Wohlstand eines Volkes oder Gebietes zu ermessen, wird kontrovers diskutiert. Häufig wird zum Beispiel das Bruttoinlandsprodukt oder das Pro-Kopf-Einkommen als Maßstab verwendet.“
Auf Kreisebene ergibt sich ein verfügbares Einkommen je Einwohner von 23917 Euro (Mittelwert der Jahre 2013 bis 2016). Er sagt: „Insgesamt ist der Landkreis gut aufgestellt. Laut einer Studie der Prognos AG aus dem Jahr 2018 liegt der Landkreis auf Platz 29 unter 401 Landkreisen und Städten, wenn es darum geht, wo es sich in Deutschland am besten lebt. Untersucht wurden dabei die Bereiche Arbeit und Wohnen, Freizeit und Natur sowie Gesundheit und Sicherheit.“
Mühldorf: 22580 Euro je Einwohner
Mühldorfs Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigem wird mit 56022 Euro beziffert (Mittelwert von 2012 bis 2016), insgesamt landet der Kreis damit auf Platz 208 – 2016 war es noch Platz 197. Die Unternehmen investierten statistisch gesehen in jeden Erwerbstätigen zwischen 2012 und 2016 rund 8848 Euro; 2016 waren es 10093 Euro. Zum Vergleich: Im Kreis Altötting waren es 18759 Euro zwischen 2012 und 2016. Mit rund 22580 Euro mittlerem verfügbarem Einkommen je Einwohner belegt der Kreis Mühldorf im Ranking insgesamt Platz 154. 2016 war es Rang 114. Die Wirtschaftsförderung des Landkreises Mühldorf war bis Redaktionsschluss nicht für einen Kommentar zum Ranking zu erreichen.