Sie packt es an

von Redaktion

Mit Tessa Irlbacher verantwortet nun eine junge Frau den Einzelhandel der IKO Sportartikel und Handels GmbH in Raubling und den Einzelhandel der Salzburger Filiale. Die welterfahrene Enkelin des einstigen Firmengründers im Porträt.

Raubling – Sie wirkt mädchenhaft und zart, empfängt sportlich-schwarz gekleidet in ihrem noch vom Vorgänger eingerichteten Büro. Doch schon in den ersten Minuten des Gesprächs mit den OVB-Heimatzeitungen wird klar: Tessa Irlbacher, neue Geschäftsführerin der IKO Einzelhandels GmbH mit knapp 90 Angestellten, ist mit ihren 24 Jahren eine Frau von Welt. Selbstbewusst, aber zurückhaltend im Auftreten.

Noch während der Schulzeit stieg sie als Assistentin der Geschäftsführung beim Fahrradhersteller Corratec ein. Das operative Geschäft wird von ihren Eltern Konrad und Cielo Irlbacher geführt, den Inhabern von IKO: „Ich konnte meinem Vater früh über die Schulter schauen und habe dabei viel übers Tagesgeschäft gelernt.“ Wer jetzt denkt: „Klar, dass ihr dieser Weg offen stand – als Kind erfolgreicher Unternehmer“, dem sei gesagt, dass Irlbacher nichts geschenkt wurde. Die Mutter, gebürtige Philippinin, die ausschließlich englisch mit den insgesamt vier Irlbacher-Kindern spricht, schickt die Tochter früh ins Ausland. China, USA, England: Die junge Oberbayerin absolviert Praktika, studiert an internationalen Management-Schulen. Ihren Master macht sie in San Francisco. „Egal, wo ich war, immer war ich die Jüngste und musste mir in der Gruppe erst mal ein Standing verschaffen“, erzählt Irlbacher. Ihr Steckenpferd: Ordnung schaffen, „Struktur reinbringen“. Moderieren, zwischen anderen vermitteln. „Vielleicht ist das auch typisch deutsch“, schmunzelt sie. Aber sie weiß auch: Teamplayer haben es einfach leichter. Spätestens jetzt, bei IKO, kommt ihr diese Stärke zugute: „Mir ist wichtig, dass man miteinander spricht. Lieber gebe ich auch mal einen Fehler zu, als dass ich auf meinem Standpunkt herumreite. Das macht einen unglaubwürdig.“

Die Mitarbeiter duzen die neue, junge Chefin („Das ist in der Sportbranche allerdings ganz normal“). Wobei das mit dem „neu“ so nicht stimmt: Von Kindesbeinen an ist Irlbacher im elterlichen Betrieb tätig, steht samstags auf der Verkaufsfläche, auch zum Einpacken der Ware an der Kasse. Zwar sind ihre Aufgaben heute andere, auf der Fläche sieht man sie immer noch oft. Mit dem Namen Irlbacher will sie nicht im Vordergrund stehen; mitunter wird er aber doch zum Thema. Etwa, wenn Kunden nebenbei erzählen, sie hätten schon beim Großvater, dem Firmengründer Konrad Irlbacher, eingekauft. Dann kann sich die junge Geschäftsführerin manchmal nicht verkneifen, den „Opa“ zu erwähnen, „bei dem früher eben alles ein bisserl anders war.“ Manchmal kommt das Bayerische durch bei Irlbacher; vielmehr fällt aber das „rollende R“ an ihr auf – vermutlich ein Relikt aus den vielen USA-Aufenthalten seit der frühen Kindheit: Teile der mütterlichen Familie leben in New York.

Sie spricht mehrere Sprachen, neben Englisch auch etwas chinesisch und immerhin so viel Italienisch, um sich mit ihrem Nenn-Großvater Mauro, der seit Langem die Corratec-Maßrahmen fertigt und praktisch zur Familie gehört, zu verständigen. Hat sie nie daran gedacht, beruflich etwas Eigenes auf die Beine zu stellen? Im Ausland zu bleiben? „Für uns Kinder stand immer schon fest, dass wir unsere Eltern unterstützen wollen“, sagt Irlbacher, und dass es dabei nicht unbedingt nur um Führungsrollen ging.

Ihren jetzigen Platz hat sie sich erarbeitet, hatte aber in ihrem Vorgänger Sylvester Schütz, 21 Jahre bei IKO, einen Fürsprecher. Beweisen muss sie sich nun wieder alleine. Und will doch, ohne die Verdienste von Schütz infrage zu stellen, hier und da einiges anders machen.

So sei sie nicht der Mensch, der von sich denke, alles selbst am besten zu können und alles selbst in die Hand nehmen zu müssen. „Ich bin ein Freund der kleinen Schritte. Details können sehr viel ausmachen“, findet Irlbacher. Das fängt bei den Marken-Bannern an, die ihrer Meinung nach erneuert gehörten, weil sie das Erste seien, was der IKO-Kunde zu Gesicht bekomme. Irgendwann will sie sich den Ladenbau vorknöpfen, „der ist immerhin schon älter als ich“. Und da ist seit Kurzem der Kaffeeautomat im Verkaufsraum: „In den USA habe ich Fahrradverkäufer erlebt, die zugleich der Barista ihrer Kunden sind. Diese trinken in Ruhe einen Kaffee, während ihnen Modelle vorgeführt oder Unterlagen ausgefüllt werden. Das will ich für den IKO-Kunden auch.“

Auf einen Espresso trifft sie sich auch jeden Morgen mit ihrer Mutter – oft geselle sich der Vater auch dazu –, im Unternehmen und bei Lieferanten berüchtigt für ihr Verhandlungsgeschick: „Man nennt sie auch Pricekiller“, amüsiert sich die Tochter, die sich bei „Mama Cielo“, wie die Mitarbeiter sie nennen, hin und wieder guten Rat holt.

„Den Einzelhandel

muss man lieben“

Mit der Tatsache, dass die Sportbranche ein hartes Pflaster ist, wuchs sie auf. Von den Kunden unbemerkt, tobe im Hintergrund stets ein Kampf um den Preis unter den Händlern und um die perfekte Präsentation der Top-Marken. Regelrechte Rabattschlachten würden auf der Fläche ausgetragen, „dabei darf man sich als Familienunternehmen nicht von denjenigen gängeln lassen, die nur vom günstigen, schnellen Abverkauf leben“. Der Samstag, der verkaufsstärkste Tag der Woche, gehöre nicht der Familie, sondern den Kunden. „Das muss man schon lieben“, bekräftigt sie, „einmal Einzelhandel, immer Einzelhandel. Oder nie wieder“. Sie selbst kommt morgens kurz nach acht Uhr, bleibt bis zu zwölf Stunden. Ihre Vision: „Ich will nachhaltig arbeiten, und sicherstellen, dass IKO auch in den nächsten Jahrzehnten noch erfolgreich am Markt ist. Aber alles der Reihe nach.“

Vom Skihandel zum Sport-Allrounder

• IKO-Gründer: Konrad Irlbacher senior, 1962.
• ursprünglich Sporthandel mit Skiern, darunter viele innovative Eigenentwicklungen
• 1982 Konrad Irlbacher junior startet Fahrradgeschäft
• 1990: Gründung der Marke Corratec, Produktion eigener Räder
• Export in mehr als 42 Länder

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