weibliche Fachkräfte im Bau: Lehrlingswart Angela Kneissl im gespräch

„Erfahrung auf Baustellen nützt Frauen“

von Redaktion

Altötting/Mühldorf/Garchinga.d.Alz – Angela Kneissl ist Maurer- und Betonbaumeisterin und damit eine der wenigen Frauen in der Männerdomäne Bau. Die Fachfrau ist außerdem Lehrlingswart für die Bauinnung Altötting-Mühldorf. Gleichzeitig ist sie ein Beispiel dafür, welches für die stark am Fachkräftemangel leidende Branche zukunftsweisend sein könnte – mehr Frauen für Bau-Berufe begeistern. Warum das nicht so einfach ist und wo Frauen in der Branche eher zum Zuge kommen, erklärt sie im OVB-Gespräch.

Was sind Ihre Aufgaben als Lehrlingswart?

Ich begleite die Azubis während der Ausbildung und bin bei den Zwischen- und Gesellenprüfungen als Aufsicht und den Bewertungen dabei. Außerdem bin ich im Prüfungsausschuss tätig. Für die Betriebe bin ich die Ansprechpartnerin bei zahlereichen Fragen zur Ausbildung. So werde ich auch in Entscheidungen einbezogen, die eine Lehre im Speziellen betrifft, zum Beispiel, ob ein Kran- und Staplerkurs für den Azubi Sinn macht. Ich werbe für den Beruf im Bau bei diversen Infoveranstaltungen, etwa auf Bildungsmessen, Infoabenden an Mittel- und Realschulen, muss mich selbst auch weiterbilden, zum Beispiel in Kursen der Handwerkskammer.

Sie sind Maurer- und Betonbauermeisterin. Was hat Sie nach der Schule bewogen, in diesem Beruf eine Ausbildung zu machen?

Ich bin im elterlichen Bauunternehmen groß geworden und war in den Ferien oft auf Baustellen dabei. Dort durfte ich als „Saubermacher“ tätig sein: Ich habe zum Beispiel im Lager beschädigte Paletten repariert oder durfte auch mit dem Stapler Ladetätigkeiten ausführen. Mich hat immer fasziniert, dass man im Baugewerbe sehen kann, was man den Tag über geschaffen hat. Somit war es für mich selbstverständlich, diesen Beruf zu erlernen.

Sie arbeiten ja in einer Männerdomäne – von der Branche her als auch in Ihrem speziellen Beruf. Wie ist das für Sie, gibt es vielleicht Vor- oder Nachteile als Frau im Bau?

Ich kann nicht sagen, dass ich als Frau benachteiligt bin. Es wird immer wieder Geschäftspartner, Kollegen, Mitarbeiter oder Kunden geben, für die es schwer ist, mit einer Frau in dieser Branche arbeiten zu müssen. Meine persönliche Erfahrung zeigt, dass ich zu 95 Prozent akzeptiert werde und ich mich in dieser sogenannten Männerdomäne pudelwohl fühle.

Das Handwerk leidet unter Nachwuchsmangel. Zum Beispiel gilt wohl gerade Ihr Beruf bei den männlichen Schulabgängern als nicht besonders attraktiv. Lieber gehen auch junge Männer heute ins Büro. Stimmt denn das Image des Bau-Arbeiters, der sich bei Wind und Wetter die Hände schmutzig macht oder ist das überholt?

Am Bau wird man immer „schmutzig“ werden und ist jedem Wetter ausgesetzt – ob bei Regen, Hitze oder Kälte. Es gibt viele Errungenschaften im Maschinenbereich, an Werkzeugen, neuen Werkstoffen, die vieles einfacher und leichter machen. Leider gibt es auch meiner Erfahrung nach viel zu wenig junge Leute, die diesen wunderbaren Beruf erlernen wollen und stattdessen tatsächlich eine Arbeit im Büro vorziehen. Ich hoffe, dass wir durch unsere Präsenz auf Messen und in Schulen doch noch einige junge Menschen dafür begeistern können.

Wenn generell Azubis fehlen, sollte man nicht verstärkt dafür werben, Mädchen ins Handwerk zu holen? Was könnte die Baubranche als Arbeitgeber Frauen bieten, um Berufe in diesem Bereich attraktiver zu machen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich würde sie daher lieber umdrehen: Was können wir Frauen der Branche bieten? Eine Frau wird aufgrund vieler Aspekte, etwa wegen der körperlichen Belastung, sicher nicht ihr Berufsleben lang auf der Baustelle arbeiten, aber eine gewisse Grundausbildung schadet nicht und hier sind einige Jahre auch für Frauen zu schaffen. Für Frauen sehe ich eher den weiteren beruflichen Bildungsweg im Bereich Organisation, Angebotserstellungen, Abrechnungen oder die planerische Sache – auch hierfür kann die praktische Erfahrung am Bau hilfreich sein.

Gibt es denn in der Region tatsächlich Kolleginnen auf der Baustelle?

Frauen sind hauptsächlich im Bereich Architektur in unserer Branche tätig. Ob in planerischer Hinsicht, als Gartengestalter oder auch im Statikbüro – aber eher selten bis gar nicht auf der Baustelle. Interview: Elisabeth Sennhenn

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