Wasserburg – Der Adlige war am vergangenen Donnerstagabend im Wasserburger Innkaufhaus, um sich in einem öffentlichen Gespräch den Fragen von Gerd Maas, Verband der Familienunternehmer e.V., zu stellen. Die rund 50 Gäste erlebten einen genauso lehrreichen wie unterhaltsamen Abend, denn Prinz Luitpold von Bayern stellte sich als gewitzter und sendungsbewusster Gast heraus, als ein Unternehmer mit Blick auf das große Ganze.
Gleich zu Beginn wies er auf einen seiner Meinung nach gravierenden Unterschied zwischen der deutschen und der amerikanischen Wirtschaft hin: „In Amerika geht es um den Shareholder Value, darum, was man für die eigenen Aktien kriegt. Es geht nicht um den Erhalt des Unternehmens.“ Deutschland stehe dagegen in der Tradition der Familienunternehmen, deren Chefs sich ihrer Verantwortung und ihren Pflichten bewusst seien und auch die nächste Generation im Blick hätten. Wenn einer versage, könne er in seinem Heimatort gar nicht mehr über die Straße gehen. „Aber Aktionäre kann man nicht so einfach an den Pranger stellen.“
Der Urenkel des letzten Königs von Bayern macht sich Prinz Luitpold für die Moral in der Wirtschaft stark. Mit der Einstellung – also im Notfall auch mal auf den kurzfristigen Gewinn zu verzichten – sei für Deutschland die Wirtschaftskrise von 2008 „relativ schmerzlos“ vorüber gegangen, sagte er.
Er wies darauf hin, dass Familienunternehmen in Deutschland drei Viertel der Arbeitsplätze stellten. Die Politik indes würde deren Bedeutung „nicht ernst nehmen“ – Stichwort Erbschaftssteuerreform. Völlig verfehlt sei diese, urteilte der 67-Jährige. „Das wird massive Folgen in den nächsten 20, 30 Jahren haben.“ Er fürchte den Zugriff von Finanzhaien.
Der adlige Gast zeigte sich auf dem Podium ziemlich angriffslustig. „Wir müssen aufpassen, dass die Politiker das kleine Einmaleins der Wirtschaft verstehen.“ Wenn aber heute in den Parlamenten „zu 70 Prozent Lehrer“ sitzen würden, habe er daran so seine Zweifel.
Prinz Luitpold von Bayern formulierte plakativ, mit einem Schuss Polemik und bayerischem Charme. Die Zuhörer vernahmen seine Worte aufmerksam und, so der Eindruck, überwiegend zustimmend.
Die Rolle des kritischen Wirtschaftsakteurs nahm man ihm ab, schließlich ist er erfolgreicher Gründer der König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg und des bekannten Kaltenberger Ritterturniers, einem Publikumsmagneten über die Landkreisgrenzen hinaus. Zudem gehört ihm die Porzellanmanufaktur Nymphenburg. Im Lauf des Abends hatte er eine Vielzahl von strittigen Themen abgearbeitet. So bezweifelte er aus umweltpolitischer Sicht den Sinn, auf Elektroautos umzustellen, mahnte die Verlässlichkeit des Rechtsstaats an („damit die Demokratie nicht unter die Räder komme“), und erklärte, warum Japan zu einem blühenden Land geworden sei („Weil es die Sünden der Abholzung wieder gut gemacht hat“).
„Sanktionen gegen Russland ergeben keinen Sinn.“ Prinz Luitpold
Zudem drückte er seine Bewunderung für China aus: „Eine umsetzungsstarke Regierung.“ Den Bürokratiedschungel hierzulande prangerte er dagegen an und beklagte, dass Veranstalter von kleinen Festen die unternehmerischen und Haftungs-Risiken oft nicht mehr stemmen könnten. Die Sanktionen gegen Russland ergäben seiner Meinung nach „keinen Sinn“, weil die Geschäfte eben jetzt über Weißrussland liefen. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete er als „Raubritter“: „Im Innersten seiner Seele ist er eiskalt.“