Rohrdorf/Thansau – „Unkompliziert“ war ein Wort, das im Vorfeld von Söders Erscheinen unter den Organisatoren des Wirtschaftsforums öfter fiel: Man habe den Ministerpräsidenten gefragt, ob er kommen wolle, er habe sofort zugesagt und als Gastgeber habe man dessen Besuch ganz entspannt abwarten können, wie Schattdecor-Vorstandschef Roland Auer durchblicken ließ.
Nicht er, sondern Firmengründer Walter Schatt übernahm die Begrüßung des Landesvaters – ist Schatts Name doch eng mit dem Seeoner Kreis verbunden, dem er einst half, sein Profil zu schärfen. „Unterstützen Sie die Möglichmacher und bremsen Sie die Verhinderer“, gab Schatt dem Politiker mit auf den Weg, nachdem er von Vereinen, Wirten und Betrieben aus der Region berichtet hatte, die unter der Last der Bürokratie und Vorschriften litten.
Für Söder war das ein gutes Stichwort: Er präsentierte sich als „Macher“, der sich von der kleinteiligen Diskussionspolitik in Berlin bewusst abgrenzen wolle: „Ich entscheide gerne und lasse meinen Entscheidungen Taten folgen, auch wenn das bei Manchen für Verunsicherung sorgt.“
Bayerischer Weg als Antwort auf „Berliner Verhältnisse“
Seiner Meinung nach sei die weitverbreitete Zögerlichkeit und Unentschiedenheit in der Bundespolitik heute eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie. „Mir machen die Dinge keine Sorgen, die wir selbst kontrollieren und regeln können“, schob Söder in Anspielung auf die „Berliner Verhältnisse“ nach und betonte den „bayerischen Weg“ in Sachen Asylpolitik, Steuern („Ich bin für eine Halbierung der Erbschaftssteuer bei Unternehmen“), Digitalisierung, Förderung des Wohneigentums und Strategien gegen den Fachkräftemangel.
Eine solche Strategie ist die Stärkung der Position der Rosenheimer Hochschule. Dafür, erinnerte der Moderator des Wirtschaftsforums, der Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner, habe sich Söder bereits als Bayerns Finanzminister eingesetzt. Auch dafür, aus ihr eine TU zu machen.
Franz Winterer, Vorstandschef des Seeoner Kreises, warb vor Söder und den Wirtschaftsakteuren im Publikum für eine Neuausrichtung der Dualen Studiengänge an der Hochschule im Interesse kleinerer und mittlerer Unternehmen und skizzierte seine Vision von der „Dualen Hochschule Bayern“. Mit einem Promotionsrecht, so Winterer, hätten die Absolventen der TU Rosenheim noch bessere Aussichten, „Lösungen für die komplexen Probleme der regionalen Wirtschaft zu finden“. Außerdem würde dadurch die Forschung vor Ort gefördert und gestärkt. Söder dürfte das recht sein: Er gab zu erkennen, dass es nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus strategischer Sicht wichtig sei, den Hochschulstandort Rosenheim noch attraktiver zu machen: „Es kann sich nicht alles auf München konzentrieren.“
Geht es nach dem CSU-Politiker, spielt die künftige TU Rosenheim gerade beim Thema Künstliche Intelligenz und Digitalisierung eine wichtige Rolle: „Wir müssen die Schlüsseltechnologie Robotik ohne Angst vor möglichen Arbeitsplatzverlusten fördern.“
In der Digitalisierung sieht Söder mehr als nur die Ausstattung mit technischen Geräten: „Es geht darum, das kreative, geistige, digitale Potenzial zu wecken.“ Er wünsche sich daher mehr Ausgründungen aus der Hochschule sowie einen schnelleren Transfer von Wissen und Forschungsergebnissen in die Wirtschaft.
Letztere will Söder jedoch ganzheitlich stärken und sich nicht nur auf Trendthemen fokussieren. So stellt sich Söder („Die Sanierung der BayernLB war die schwierigste Aufgabe meines Lebens“) auch eine Stärkung des bayerischen Bankensektors vor: Geldhäuser sollten in der Lage sein, strategische Wirtschaftspolitik zu betreiben und nationale wie internationale Investitionen zu begleiten.
Auch soll die Wohnungswirtschaft weiter stark bleiben durch steuerliche Anreize für Bauunternehmer, die sich dem sozialen Wohnungsbau verschreiben. Insgesamt solle Bauen „schneller, effektiver und kostengünstiger“ sein durch verschlankte Vorschriften. In diesem Zusammenhang erwähnte Söder das beschlossene Baukindergeld für Familien. Im übertragenen Sinne sieht er darin ein Signal für Fachkräfte: „Wer ein Eigentum erwirbt, der hat vor, zu bleiben und hier zu arbeiten.“
Bahntrasse durchs Inntal ganz oben auf der Agenda
Wer in der Region lebt und mit seinem Geld zur Wertschöpfung beiträgt, will auch wissen, welche großen, öffentlichen Bauvorhaben sich vor seiner Haustüre abspielen. Die zwei Protest-Banner der Rohrdorfer und Inntaler Anti-Bahntrassen-Bewegung an der Schattdecor-Auffahrt (Walter Schatt: „Rohrdorfs Bürgermeister Christian Praxl hat mich darum gebeten“) waren auch dem Ministerpräsidenten aufgefallen. „Die Bahn ist ein schwieriger Gesprächspartner“, gab er zu. Selten aber würden Trassen am Ende so gebaut, wie sie ursprünglich in der Planung vorgestellt worden seien, so Söder vieldeutig. Die bestmögliche Lösung für eine Verkehrsentlastung und die Trassenfrage stünden bei Bund und Ländern jedoch ganz oben auf der Tagesordnung, versicherte er.