12. Oberbayerisches Wissensforum

„Ihr kennt das bestimmt alle“

von Redaktion

„Kennt Ihr das?“ – Ja, genauso geht es mir auch! Geschätzte 1000-mal wird dieser Satz durch die Köpfe der Teilnehmer des 12. Oberbayerischen Wissensforums gegangen sein. Sie kamen in den Genuss, acht hochkarätige Vortragsredner zu erleben. Ihre Themen boten jede Menge Identifikationspotenzial.

Rosenheim –Das Kultur- und Kongresszentrum war voll besetzt. Bisweilen hörte man im Saal nicht mal ein Räuspern, so konzentriert folgten die Zuhörer so manchem Vortragsredner. Aber auch für herzliche Lacher oder entsetztes Aufstöhnen sorgten die Sprecher, die Alexander Schungl und sein Team der Redneragentur Speakers Excellence Alpine nach Rosenheim geholt hatten.

Von Kishor Sridhar lernten die Gäste beispielsweise, dass „Erfolg in unserer Unvernunft liegt“.

Multitasking kann nicht funktionieren

Der Experte für Marketing und Verkauf weiß, wie der „Kunde 4.0“ tickt, wie er entscheidet und wie man ihn als Verkäufer dazu bringt, „das zu tun, was man will“. Dieses Wissen kann auch abseits des Berufslebens im Alltag genutzt werden, weil jeder etwas zu „verkaufen“ hat – man braucht dazu nur die versteckten Motive von Kunden oder der Mitmenschen zu kennen.

Andere Probleme stellte Dr. Manuela Jacob-Niedballa in ihrer Keynote in den Mittelpunkt: Negativer Stress und seine typischen Auslöser sowie die Versuche, durch Multitasking effektiver zu sein. Ein Ausbrennen ließe sich jedoch vermeiden; etwa mit einer veränderten Einstellung zum Stress – so eröffneten sich „Wege zu Leistungslust statt Leistungsfrust“. Persönlichkeitsexperte und ehemaliger Hochleistungssportler Jörg Gantert sprach zum Thema „Change 4.0 – Wecke die Kraft, die in dir steckt“ und ermutigte die Zuhörer, zu einer pro-aktiven Einstellung zu finden, individuelle Ressourcen zu erschließen und die „innere Kommunikation“ dazu zu nutzen, den eigenen Zustand positiv zu beeinflussen.

Lade nie dein Handy am Flughafen

Mit dem aktiven Verkehrspiloten Philipp Keil hatten die Veranstalter einen ungewöhnlichen Redner auf die Bühne geholt, der unbekannte Einblicke in die Welt hinter der Cockpittür eröffnete: Pilot sein bedeute etwa, zu 90 Prozent mit Managementaufgaben betraut zu sein, ein Team zu führen und mit ihm zu arbeiten. Entsprechend liege es in Unternehmen auch an den Chefs, als „Kapitäne“ die richtigen Hebel zu bewegen und bei Turbulenzen zielgerichtet zu führen und zu entscheiden. Die Handys und Tablets gezückt, warteten am Spätnachmittag die Gäste im Saal auf Profihacker Erwin Markowsky. Er verschickte live eine vermeintlich echte SMS an eine Teilnehmerin und zeigte am Großbildschirm, was Hacker sehen, wenn sie nach den Passwörtern ahnungsloser Internetnutzer suchen. Er riet dem Publikum eindringlich, in der Öffentlichkeit das WLAN ihrer mobilen Endgeräte zu deaktivieren, um Cyberkriminellen nicht Tür und Tor zu den eigenen Daten zu öffnen, und ihre Handys nicht an öffentlichen Stationen per USB-Kabel zu laden.

Fluch und Segen der Digitalisierung war daraufhin das Thema von Dr. Florian Langenscheidt.

Der Ururenkel des gleichnamigen Verlags ist dort unter anderem zuständig für elektronische Medien. Aus der Not, gegen Konkurrenz aus dem Netz á la Wikipedia ankämpfen zu müssen, scheint Langenscheidt eine Tugend gemacht zu haben. In seinem Vortrag setzte er sich mit der Bedeutung von Digitalisierung und mit digital verfügbarer, aber unkontrolliert verbreiteter Information im Alltag auseinander. Die Digitalisierung sieht er trotz ihrer Gefahren als Chance für Deutschland. Der Mittelstand tue gut daran, die Entwickler im Silicon Valley oder in China als ernsthafte Konkurrenz anzusehen. Der Grad der Digitalisierung werde eines Tages über das wirtschaftliche Schicksal Deutschlands entscheiden, warnte Langenscheidt.

Inhaltlich war es passend, dass nach Langenscheidt nicht wie geplant Ex-Boxer Henry Maske auf die Bühne trat (sein Flug hatte Verspätung), sondern Unternehmer Walter Kohl.

Als Inhaber eines deutsch-koreanischen Automobilzulieferers konnte er an das Thema „Asien auf dem Vormarsch“ durch Praxisbeispiele anknüpfen. Sein Schwerpunkt: Management in Zeiten des Wandels. Sein Credo: Unternehmen müssten (wieder) souverän geführt werden, mit dem richtigen Verständnis von Macht, und dies kommunikativ, offen und ehrlich im Umgang mit den Mitarbeitern. Es waren nicht wirklich neue Erkenntnisse aus dem großen Themenkomplex „Führung“, die Kohl vorstellte. Was Kohls Beitrag hervorhob, waren mutige Sätze wie „Macht ist nichts Schlechtes, nur der Umgang mit ihr ist entscheidend; wir sollten in Deutschland wieder die Freiheit haben, entspannter und souveräner mit dem Begriff Macht umzugehen.“ Oder: Es sei das Privileg der Deutschen, in Friede und Freiheit zu leben, man habe in der Welt einen „Wahnsinnsruf“. Daher schulde die deutsche Wirtschaft es ihrer Vorgänger- und Nachfolgegeneration, jetzt in Zeiten der Digitalisierung und der wachsenden Konkurrenz aus Fernost, weiter souverän zu handeln und zu denken.

Weltmeister mit Bodenhaftung

Henry Maske, Ex-Profi-Boxer, Olympiasieger, Bambi-Preisträger und Träger des Bundesverdienstkreuzes, hat das offenbar nicht immer getan und daraus seine Lehren gezogen – hörte man zumindest heraus, als er auf der Bühne seine Karriere im Sport Revue passieren ließ („ich war oft ziemlich arrogant und dachte nach einer Niederlage, man wird mich schon stützen“). Maske betrat als letzter Redner das Podium und gewährte Einblicke in Höhen und Tiefen seiner Laufbahn. Weniger die im Hintergrund eingeblendeten Botschaften („nur wer aufgibt, hat verloren“, „konzentriere dich auf das Wesentliche“) machten Maskes Vortrag zu einem Höhepunkt, als vielmehr sein bescheidener Auftritt und das Vermögen, die Zuhörer in die emotionale Berg- und Talfahrt eines Lebens für den Sport mit einzubeziehen: „Sie kennen das bestimmt“. Das flaue Gefühl im Magen bei einer schwierigen Entscheidung. Der Wunsch, es anderen recht zu machen und fremde Erwartungen zu erfüllen. Aber auch die unerklärliche innere Kraft, sich trotz Widerständen und Zweifel ins Risiko zu stürzen, weil das Herz es will – „Ihr kennt das doch alle.“

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