Empfang der chiemgauer wirtschaft 2018 – Motto: Junge talente für Wirtschaft und sport

„Erfolg verpflichtet, andere zu fördern“

von Redaktion

Rund 300 Gäste waren zum Jahresempfang der Chiemgauer Wirtschaft in die Räume der Adelholzener Alpenquellen gekommen. Höhepunkt war die Gesprächsrunde mit FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß und Hermann Gerland, Leiter des Nachwuchszentrums des Clubs.

Siegsdorf – „Wirtschaft und Spiritualität treffen bei Adelholzener aufeinander, so etwas nennt man einen Kraftort“, eröffnete Dr. Birgit Seeholzer von der Wirtschaftsförderung Traunstein den Abend. Gekommen waren zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft auf Einladung der verschiedenen Chiemgauer Wirtschaftsverbände, federführend war dabei der Gewerbeverband Traunstein. Adelholzener-Geschäftsführer Stefan Hoechter bot den Gästen zunächst einen Überblick über die 2018er-Pläne des Siegsdorfer Unternehmens und beschrieb die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit mit dem FC Bayern München. Traunsteins Landrat Siegfried Walch führte dann ins Thema des Abends ein, „Talente für die heimische Wirtschaft und den Spitzensport“, welches die mit Spannung erwarteten Podiumsgäste anschließend aufnahmen.

Moderiert vom Sportjournalisten und Gesicht des Sportsenders Sky, Uli Köhler, gewährten Uli Hoeneß und Hermann Gerland Einblicke in die Nachwuchsgewinnung, -förderung und -führung beim weltberühmten Fußballclub. Immer wieder bauten sie dabei die Brücke zum Mittelstand, der unter den Gästen zahlreich vertreten war. Denn, wie es Landrat Walch angesprochen hatte, so unterschiedlich sind die Probleme des Fachkräftenachwuchses in Wirtschaft und Sport gar nicht. So betonte Hoeneß, der entspannt in der Mitte der Herrenrunde auf der Bühne Platz genommen hatte, wie wichtig es sei, junge Fußballtalente nicht nur von außen für hohe Summen einzukaufen, sondern den Nachwuchs ebenso behutsam in den eigenen Reihen heranreifen zu lassen. „Wir haben alle ein Nachwuchsproblem und müssen deshalb neue Wege gehen“, wandte sich der Manager an die Unternehmer im Saal. „Weltklassespieler wird man nicht allein durchs Talent, es braucht dazu engagierte Förderer, die in den jungen Spielern die Leistungsbereitschaft wecken.“

„Ich war anfangs kein guter Manager. Je erfolgreicher der Verein wurde, desto sozialer wurde ich.“

Uli Hoeneß

Bei den Talenten, auch bei denen, die der FC Bayern selbst in seiner Nachwuchsakademie ausbilde, vermisse er heutzutage oft die Bereitschaft, hart an sich zu arbeiten. Das läge wohl auch an der Art, wie Jugendliche heute aufwüchsen: „Ich habe als junger Spieler täglich stundenlang auf der grünen Wiese trainiert – und als es eines Tages hieß, der Uli läuft nicht schnell genug, bin ich monatelang frühmorgens durch den Wald gejoggt, bis ich 100 Meter in elf Sekunden geschafft habe.“ Gerland steuerte der Gesprächsrunde Beispiele aus der Trainingspraxis mit den Nachwuchsspielern bei. Etwa, wie der junge Bastian Schweinsteiger unter seiner Anleitung lernte, am Platz Ausdauer und Kampfgeist zu beweisen.

Dass es neben Talent, Leistungs- und Lernwillen sowie etwas Glück auch auf Charakter und Umfeld ankomme, wenn es um den Aufbau eines Spielers gehe, diskutierten die Ehrengäste am Beispiel von Renato Sanches. Der jüngste je in einem EM-Finale eingesetzte Spieler, aktuell an Swansea City ausgeliehen, habe die hohen Erwartungen an ihn gar nicht erfüllen können, gab Hoeneß selbstkritisch zu. „Unter Jupp Heynckes wäre er vielleicht ein Spieler geworden, den man hätte einsetzen können.“ Das führte die Runde zur Frage, welchen Einfluss die Führungsriege auf den Nachwuchs habe, ob im Sport oder im Wirtschaftsleben. „Man muss Vorbild sein“, stellte Hoeneß klar, und dass bei ihm im Zentrum des Clubs in der Säbener Straße in München die Türen für jeden offen stünden („für Ribery wie für den Platzwart“). Mit Vorbild sei vor allem Disziplin und gesunde Selbsteinschätzung gemeint. Erfolg verpflichte außerdem zu sozialem Engagement und zu einer gewissen Demut: „Wir sind der Club mit einem der höchsten Umsätze in Europa. Für den fairen Wettbewerb im Fußball ist das nicht immer gut.“ Infrage stellte er auch die teils exorbitanten Gehälter von Managern und Spielern. Er plädierte angesichts der eben eröffneten Olympischen Spiele dafür, anderen Sportarten neben dem Fußball („er erschlägt sonst alles“) mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu gönnen. Er und Gerland bedankten sich dafür, in den Chiemgau eingeladen worden zu sein: „In Zeiten großer Diskrepanzen zwischen Politik und Wirtschaft braucht es Gegenden wie diese, in der die Strukturen funktionieren, ohne dass man auf die Führung ,von oben‘ wartet.“ Das Schlusswort hatte Generaloberin Schwester Rosa Maria Dick, die daran erinnerte, dass der Mensch selbst es sei, auf den es stets ankomme und sprach damit noch einmal alle Anwesenden an, ob Unternehmer, Führungskraft, Vertreter der Politik oder Nachwuchsförderer.

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