Digitales Büro

Mehr Platz für Blumen

von Redaktion

Arbeitsvorgänge sollen digitaler werden. Die Vision der Befürworter: Das digitale Büro. In der Region arbeiten schon viele Unternehmen daran. Welche Rolle spielen dabei Grünpflanzen und warum tut die Digitalisierung der Umwelt nicht unbedingt gut?

RosenheimBad Endorf – Wie verändern sich die Arbeitsbedingungen in Büros, wenn die Digitalisierung Einzug hält? Wie kommen Mitarbeiter damit klar, was ändert sich für Kunden und welche Schritte sind dafür nötig? Fragen, die nur in der Praxis beantwortet werden können. Die Ecovis Steuerberatungsgesellschaft, die einen Sitz in Rosenheim hat, nimmt gerade an einem Forschungsprojekt über digitalisierte Arbeitsprozesse bei Steuerberatern teil. Niederlassungsleiter Dr. Georg Bauhuber findet die Frage spannend, was Digitalisierung für eine Kanzlei bedeutet: „Unsere Mandanten wollen zunehmend weg vom Papier.“ Als moderner Dienstleister wolle man dem entsprechen. Bei Ecovis können Mandanten ihre Daten etwa elektronisch an die Kanzlei übermitteln oder betriebswirtschaftliche Auswertungen selbst abrufen. Einer der Pioniere der Digitalisierung in der Region ist Andreas Bensegger, Geschäftsführer der gleichnamigen GmbH. Als Experte für Büroausstattung und Bürotechnik hat man im Unternehmen hautnah mitbekommen, wie Kunden sich nach und nach der Digitalisierung öffnen und auch im eigenen Betrieb läuft das „Umschalten“ von analog auf digital. Zum Beispiel in der Buchhaltung, um Ordner zu sparen: „Im Regal ist dann mehr Platz, zum Beispiel für Blumen“, betrachtet es der Rosenheimer mit Humor.

Paradoxe Folgen
der Digitalisierung

Bensegger selbst sieht für sein eigenes Geschäft mit über 155 Jahren Tradition, das „in einem rückgängigen Verdrängungsmarkt“ bestehen muss, eine Chance im Digitalen, von dem Kunde und Unternehmen profitieren: „Allein, indem Kunden online bestellen und wir die Bestellungen digital erfassen, können wir bei einem Volumen von 4000 Aufträgen im Monat etwa 200 Arbeitsstunden sparen, die sonst durch manuelle Erfassung zustande gekommen wären.“ Mitarbeiter, die vorher mit der Auftragserfassung beschäftigt waren, könnten nun wertigeren Aufgaben nachgehen: „Wir haben durch die Umstellung keinen Mitarbeiter entlassen. Die Kollegen sind heute vielmehr mit dem persönlichen Kundenkontakt beschäftigt und haben Zeit, Kunden intensiver zu betreuen.“ Sie seien dadurch zufriedener, hätten mehr Verantwortung und Erfolgserlebnisse, als wenn sie vorm PC Daten erfassen würden. Und das in Zeiten der Digitalisierung! Ein Trend, der durchaus seine paradoxen Seiten hat. Bensegger hat beobachtet, dass im Verlauf der letzten 25 Jahre der Papierverbrauch sogar kontinuierlich gestiegen sei: „Bis jetzt haben wir in diesem Jahr schon über 93 Millionen Blatt Papier nur an unsere Kunden im Raum Südostoberbayern geliefert, das entspricht 186000 Packungen.“ Den Menschen fehle das haptische Gefühl, wenn sie ein Dokument nicht in der Hand halten könnten, ist Benseggers Vermutung. Das treffe vor allem auf die ältere Generation zu.

Nie mehr „Belege auf Reisen“

Ein Argument, das geradezu wie Wasser auf den Mühlen von Detlev Eberhardt, Vorstand der Topfact AG, aus Bad Endorf, ist: „Das klassische Arbeiten mit Papier oder Dateien in Verzeichnissen wird den heutigen Anforderungen an Effizienz und Automatismen nicht mehr gerecht.“ Wie Bensegger ist Eberhardt seit gut 25 Jahren mit dem Thema Digitalisierung von Büros und Geschäftsprozessen befasst. Ging es anfangs darum, Rechnungen zu scannen, ist daraus heute ein kompletter Unternehmensservice geworden, bei dem für den Kunden das Management von Personal und Mitarbeitern, Rechnungswesen, Qualität und Wissen – kurz: das gesamte Unternehmensmanagement – digital gelöst wird. „Mitarbeiter haben so mehr Zeit fürs Wesentliche, müssen nicht mehr umständlich nach Unterlagen suchen oder minutenlang den Kopierer blockieren, weil sie sicherheitshalber doch noch etwas abheften wollen.“ Stattdessen: Schnell mal ein Dokument per Schlagwortsuche im System finden, eine Rechnung während der Zugfahrt prüfen, den Nachweis über eine Sicherheitsschulung aufrufen – „Die Nutzer sehen einfach, dass das digitale Dokumentenmanagement ihnen persönlich Zeit verschafft, mitunter sogar einen materiellen Gewinn bringt, etwa wenn unnötige Wege und Fahrten eingespart werden.“ Unternehmen müssten Mitarbeiter nicht mehr teuer dafür bezahlen, dass sie Papier durch die Gegend tragen, fasst es Eberhardt zusammen. „Die Mitarbeiter stehen heute häufig unter Druck. Wer seiner Arbeit effizient nachgehen will und den es stört, von Kollegen mehrfach unterbrochen zu werden, weil ein Schriftstück gesucht wird, sollte die digitalen Möglichkeiten nutzen.“

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