Nanyuki – Das Nördliche Breitmaulnashorn steht kurz vor dem Aussterben. Doch nun ist Forschern ein wichtiger Etappensieg bei der Rettung dieser Unterart gelungen: Wissenschaftler unter anderem des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) konnten von den letzten überlebenden Tieren, zwei in Kenia lebenden Weibchen, zehn Eizellen entnehmen, wie das Institut mitteilte. Diese sollen dann mit zuvor eingefrorenen Spermien eines bereits gestorbenen Bullen künstlich befruchtet werden.
Die hochkomplexe Prozedur des Entnehmens der Eizellen wurde zum allerersten Mal bei Nördlichen Breitmaulnashörnern angewandt. „Der Eingriff ist das Resultat jahrelanger Forschung, Entwicklung, Anpassung und Übung“, sagten Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut und David Ndeereh von der kenianischen Wildtierbehörde (KWS), die die Prozedur im Wildtierreservat Ol Pejeta leiteten. „Sowohl die Methode als auch das dafür nötige Equipment musste von Grund auf neu entwickelt werden.“ Die Prozedur wurde zuvor mehrmals an Tieren der verwandten Unterart des Südlichen Breitmaulnashorns geprobt, von denen es noch etwa 20 000 auf der Welt gibt.
Auch die Genehmigungen zu erhalten, die Eizellen aus Kenia auszuführen, hatte Monate gedauert. Sie werden nach Italien gebracht, wo sie in einem Labor künstlich befruchtet werden.
Somit sind die Forscher einen Schritt weitergekommen, diese Unterart vorm Aussterben zu retten. Einst zogen Nördliche Breitmaulnashörner in großer Zahl durch Ost- und Zentralafrika. Doch Wilderer rotteten sie aus. Seit 2008 gelten sie als in der Natur ausgestorben. Im vergangenen Jahr wurde dann in Ol Pejeta das letzte Männchen wegen Altersschwäche eingeschläfert.
Doch seine Tochter Najin und seine Enkelin Fatu liefern nun die letzte Hoffnung: Sie können nach Forscherangaben aufgrund unterschiedlicher gesundheitlicher Probleme zwar nicht selbst Nachwuchs austragen, ihre Eizellen können aber für die künstliche Befruchtung (IVF) genutzt werden. Ein Südliches Breitmaulnashorn soll dann als Leihmutter ein Junges austragen.
Mit dem Etappenerfolg gebe es nun „für jene Tiere Hoffnung, die unmittelbar vom Aussterben bedroht sind“, sagte Jan Stejskal vom Zoo Dvur Králové in Tschechien. Von dort wurden vor rund zehn Jahren Sudan, seine Tochter, seine Enkelin und ein nicht verwandtes Männchen nach Kenia gebracht, in der Hoffnung, die Weibchen würden sich in Ol Pejeta auf natürlichem Wege fortpflanzen. Dies blieb aber erfolglos.
Auch mit einem erfolgreichen IVF-Nashornbaby ist aber der Erhalt der Unterart noch nicht gesichert. Da es nur zwei Weibchen und Spermien weniger Bullen gibt, wäre die genetische Vielfalt für den Aufbau einer sich selbst erhaltenden Population nicht groß genug. Daher arbeiten parallel zur künstlichen Befruchtung Forscher an Stammzelltechnik, um aus erhaltenen Nashorn-Körperzellen Spermien und Eizellen zu züchten.