Die Erde am Scheideweg?

von Redaktion

Weltklimaratsbericht: Regierung und Organisationen drängen zu mehr Klimaschutz

Berlin – Nach der Veröffentlichung des Sonderberichts des Weltklimarats IPCC werden Forderungen nach mehr Klimaschutz laut. Umwelt- und Forschungsministerium haben angesichts des neuen Berichts mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung gefordert. „Die nächsten Jahre sind entscheidend, damit unser Planet nicht aus dem Gleichgewicht gerät“, teilte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Montag mit. Beim Klimaschutz dürfe keine Zeit mehr verloren werden. Die katholische Hilfsorganisation Misereor betonte, die Weltgemeinschaft stehe an einem Scheideweg. „Entweder gelingt uns binnen weniger Jahre ein Kulturwandel hin zu einer tief greifenden Umkehr“, oder Millionen Menschen drohten durch den Klimawandel ihre Heimat, ihre Lebensgrundlagen oder ihr Leben zu verlieren, erklärte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel am Montag in Aachen. Konkrete Handlungsoptionen wie das Ende fossiler Brennstoffe oder die Verringerung des Fleischkonsums lägen „längst auf dem Tisch“.

Greenpeace verwies darauf, dass „die drastischen Folgen der Erderhitzung in Deutschland nie so spürbar wie in diesem Dürresommer“ gewesen seien. „Noch können wir verhindern, dass solche Dürren häufiger werden, dass uns stärkere Stürme und zerstörerische Überschwemmungen heimsuchen“, sagte Benjamin Stephan von der Umweltschutzorganisation. Es gebe „keine Entschuldigung für ein reiches Industrieland wie Deutschland, seine CO2-Bilanz weiterhin mit alten, schmutzigen Kohlekraftwerken zu ruinieren“.

Brot für die Welt und Germanwatch erklärten, die IPCC-Ergebnisse zeigten, dass ab einer Erwärmung über 1,5 Grad die Risiken und volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels massiv steigen würden. „Die gute Nachricht ist: Die Begrenzung der Erwärmung auf dieses Limit ist bei zügigem und entschiedenem Handeln machbar“, heißt es.

„Der Weltklimarat geht davon aus, dass sich klimabedingte Migration und Vertreibung bei einer Erwärmung von 1,5 Grad – und umso mehr bei 2 Grad Erwärmung – verstärken werden“, erklärte die Präsidentin des evangelischen Entwicklungswerks Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel. Doch die Menschen, die vor steigendem Meeresspiegel, Dürren und Stürmen fliehen müssten, seien bislang weitestgehend rechtlos.

Laut dem politischen Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, erlaubt die IPCC-Analyse kein Zögern. „Für die Industrieländer heißt dies, dass der sozialverträgliche Ausstieg aus der Kohle bis ungefähr 2030 vollzogen werden muss, aus den übrigen fossilen Energieträgern wie Öl und Gas möglichst bis circa 2040.“

Die Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland, Christiane Averbeck, mahnte zu einer deutlichen Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen. „Jedes Zehntelgrad weniger Erderhitzung zählt“, betonte sie in Berlin.

Die Hilfsorganisation Care forderte von den westlichen Regierungen mehr Anstrengungen für den Klimaschutz. „Es wäre inakzeptabel und liefe auf einen Bruch des Paris-Abkommens hinaus, wenn die Bundesregierung und das Parlament den vom IPCC-Bericht dargelegten Handlungsnotwendigkeiten keine Taten folgen ließen“, sagte Care-Klimaexperte Sven Harmeling. Ähnlich äußerte sich der Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, Michael Schäfer: Die Bundesregierung müsse „endlich wieder naturwissenschaftliche Realitäten statt Mutlosigkeit zur Richtschnur ihrer Klimapolitik“ machen.

„In einer 1,5 Grad wärmeren Welt werden mehr Ereignisse mit extremem Wetter alle Menschen betreffen. Besonders grausam wird es dann für Gemeinschaften, die schon jetzt wegen Konflikten, Unsicherheit und Armut ums Überleben kämpfen“, warnte das Rote Kreuz.

Der Weltklimarat hatte gestern erklärt, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad nur durch rasches Handeln auf allen Feldern erreicht werden könne. Der globale Ausstoß von Kohlendioxid müsste von 2010 bis 2030 um 45 Prozent fallen und im Jahr 2050 null erreichen. Im Klimaabkommen von Paris hatten sich die Länder Ende 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad zu begrenzen.

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