Binz – Seit dieser Woche ist das Restaurant „Oma’s Küche“ in Binz auf Rügen kinderfrei, jedenfalls ab 17 Uhr. „Mit dem Gedanken gehen wir schon sehr lange schwanger“, sagt Wirt Rudolf Markl. „Es ist irgendwann eine Grenze erreicht, wo wir sagen, es geht nicht mehr.“ Es gehe um Kinder, die Gäste am Nebentisch belästigen würden, die an Tischdecken zerrten und Rotweingläser umschmissen – und Eltern, die nicht eingreifen. „Die quittieren das mit einem Lächeln, essen weiter, und es interessiert sie alles nicht.“ Es gehe explizit nicht gegen den Nachwuchs, sondern gegen die ignoranten Eltern, „die ihren Namen tanzen können, aber ihre Kinder nicht im Griff haben“, stellt der Gastronom klar.
Die Reaktionen seien fast ausnahmslos gut, berichtet er, jedenfalls, wenn man Facebook ausklammere. Aus der Anonymität des sozialen Netzwerkes heraus würde es viele kritische Meldungen geben, auch solche unter der Gürtellinie. „Aber das ist nicht neu.“ Probleme für sein Geschäft erwartet Markl nicht. Aber auch nicht mehr Gäste, da das Restaurant ohnehin immer voll sei. Die Einschränkung sei eine Entscheidung für die Gäste. Er wolle ihnen eine „Oase der Ruhe“ bieten.
Das Segment für ausdrücklich kinderlosen Urlaub gebe es im Tourismus schon länger, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands. „Zum Beispiel in der Karibik. Jeder Hotelier kann festlegen, ob sein Haus für Kinder geeignet ist oder nicht.“ So wie es Familienhotels gebe, gebe es eben auch Häuser, die sich auf kinderlosen Urlaub spezialisiert hätten. „Natürlich obliegt es jedem selbst, seine Zielgruppe auszuwählen.“ Ob solche Angebote heute stärker nachgefragt werden als früher, kann Schäfer nicht sagen. Konkrete Zahlen lägen ihm nicht vor.
Vorsichtiger Widerspruch kommt vom Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbands Mecklenburg-Vorpommern, Lars Schwarz. Grundsätzlich stehe es zwar jedem Gastronom oder Hotelbetreiber frei, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, betont er. „Aber wir zielen in Mecklenburg-Vorpommern auf Kinderfreundlichkeit.“ Es gebe viele Häuser, in denen die Kleinen nicht nur toleriert, sondern erwünscht seien. Aber natürlich könnten manche Kinder noch etwas gute Erziehung genießen, räumt auch Schwarz ein.
Auch in Deutschland gibt es Hotels, in denen Kinder nicht willkommen sind. Laut der „Welt“ ist zum Beispiel im Hotel „Esplanade“ im brandenburgischen Bad Saarow ein Wellness-Urlaub nur für Gäste ab 16 Jahren möglich. „Immer wieder hat es Beschwerden über Kinder im Wellness-Bereich gegeben“, zitiert die „Welt“ Hoteldirektor Tom Cudok. „Toben und erholen – das geht nicht gut zusammen.“
Für Markl ist die Rolle des polarisierenden Gastwirts nicht neu. Als er sein Restaurant 2007 eröffnete, sei es das erste Nichtraucherlokal der Insel gewesen. Das Rauchverbot bestand damals noch nicht. „Aber auch das wurde akzeptiert und gut angenommen“, sagt er. Und auch jetzt steht er zu der Entscheidung zur abendlichen Kinderfreiheit. Besonders hat er sich über eine Nachricht eines Freundes gefreut, der ebenfalls Gastwirt auf der Insel sei: „Der hat gesagt, seit 22 Jahren geht er mit diesem Gedanken schwanger und wollte das auch machen, hat aber einfach den Mut nicht gefunden. Ich finde das ganz toll.“