Wiesbaden –Die seit zwei Wochen vermisste 14-jährige Susanna ist in Wiesbaden vergewaltigt und getötet worden. Ein Tatverdächtiger ist auf der Flucht. Ein weiterer Mann, der zunächst verdächtig war, wurde am Donnerstag wieder frei gelassen. Die Ermittler fahnden nun nach einem 20 Jahre alten irakischen Flüchtling. Ali B. wird im Irak vermutet. Susannas Leiche war dann in einem Erdloch in einem schwer zugänglichen Gelände bei Wiesbaden gefunden worden.
Gegen den zunächst festgenommenen 35-Jährigen besteht nach neuesten Ermittlungserkenntnissen kein dringender Tatverdacht mehr, wie Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn am Donnerstagabend in Frankfurt sagte. Der Asylbewerber mit türkischer Staatsangehörigkeit habe das Justizgebäude wieder verlassen und könne sich frei bewegen. Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler nun durch die Obduktion der Leiche der 14-Jährigen und der Auswertung von DNA-Spuren.
Zunächst waren die Ermittler davon ausgegangen, dass zwei Männer Susanna in Wiesbaden vergewaltigt und ermordet haben und nahmen den Flüchtling fest. Der andere Verdächtige sei vermutlich am vergangenen Donnerstag mit seiner gesamten Familie überhastet abgereist. Der 20-Jährige war bereits mehrfach polizeilich aufgefallen. Er war auch mit der Vergewaltigung eines Kindes in Verbindung gebracht worden.
Die Schülerin wurde erwürgt oder erdrosselt. Es habe eine „Gewalteinwirkung“ auf den Hals gegeben, erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Achim Toma, ohne weitere Details zu nennen. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen ermordet wurde, um die Vergewaltigung zu vertuschen.
Die 14-Jährige war am 22. Mai von ihrer Mutter als vermisst gemeldet worden. Sie war mit Freunden in der Wiesbadener Innenstadt unterwegs gewesen und abends nicht wie abgesprochen nach Hause zurückgekehrt. Laut Obduktion der Leiche soll sich die Tat bereits am Abend ihres Verschwindens ereignet haben.
Der tatverdächtige Iraker sei vermutlich am vergangenen Donnerstag abgereist, berichtete der Wiesbadener Polizeipräsident Stefan Müller. Die Familie aus Vater, Mutter und sechs Kindern habe zuletzt zusammen in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden gelebt. Sie sei nach bisherigen Erkenntnissen von Düsseldorf aus nach Istanbul und von dort aus weiter ins irakische Erbil geflogen.
Auf den Flugtickets seien andere Namen angegeben gewesen als auf den ebenfalls am Flughafen vorgelegten Aufenthaltspapieren für Deutschland, sagte Müller. Die Gruppe habe aber auch sogenannte Laissez-passer-Dokumente – eine Art Passierschein – in arabischer Sprache mit Passbildern dabei gehabt, die von der irakischen Botschaft ausgestellt worden seien. Am Flughafen seien nach den bisherigen Erkenntnissen die Passfotos, aber nicht die Namen abgeglichen worden.
Der 20-Jährige, der nach Angaben der Ermittler im Oktober 2015 nach Deutschland einreiste, war in diesem Jahr bereits mehrfach polizeilich aufgefallen. Neben Pöbeleien und Prügeleien soll sein Name auch im Zusammenhang mit der Vergewaltigung eines elfjährigen Mädchens aus der Flüchtlingsunterkunft gefallen sein, erklärte der Polizeipräsident. Die Hinweise hätten sich aber nicht erhärten können. Es habe daher keine Gründe für eine Inhaftierung gegeben.
Susanna soll sich öfter in der Flüchtlingsunterkunft in Wiesbaden-Erbenheim aufgehalten haben und den Bruder des tatverdächtigen Irakers gekannt haben, sagte der Polizeipräsident. Der Asylantrag des 20-Jährigen war Ende 2016 abgelehnt worden. Da ein Rechtsanwalt dagegen eine Klage eingereicht habe, laufe das Verfahren noch.
Der entscheidende Hinweis auf die mutmaßlichen Täter kam von einem 13-jährigen Jungen, der ebenfalls in der Flüchtlingsunterkunft wohnte. Zuvor hatte die Polizei tagelang nach dem vermissten Mädchen gesucht. Der Zeuge hatten den Ermittlern berichtet, Ali B. habe ihm von der Tat persönlich erzählt.
Die Tat erinnert an ähnliche Gewaltverbrechen. In Freiburg ermordete der Afghane Hussein K. die Studentin Maria L. im Oktober 2016. In Kandel hat ein Afghane im Dezember 2017 eine 15-Jährige erstochen, und in Flensburg wird ein 18-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan des Totschlags an einer 17-Jährigen im Februar verdächtigt.