wirksame Rechtspflege wichtiger als Datenschutz

Gericht erlaubt Autokameras

von Redaktion

Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verwendung von kurzen Dashcamaufnahmen als Beweismittel vor Gericht zur Klärung von Verkehrsunfällen für zulässig erklärt. Die Aufnahmen der kleinen Kameras verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht der Gefilmten und seien somit verboten. Kurze Unfallaufzeichnungen seien aber gleichwohl verwertbar. Im Streitfall waren zwei Autofahrer in Magdeburg beim Linksabbiegen auf zwei nebeneinander verlaufenden Abbiegespuren seitlich zusammengestoßen. Auf der linken Spur fuhr ein Wagen mit Dashcam und auf der Spur daneben das andere Auto. Bei der Kollision gab es einige Kratzer und Dellen, der Schaden lag bei 1730 Euro.

Der Fahrer des Wagens mit Dashcam wollte mit den Aufnahmen der kleinen Videokamera beweisen, dass der Unfallgegner seine Spur verlassen hatte. Das Landgericht Magdeburg ließ die Bilder aber wegen Verstoßes gegen das Datenschutzrecht nicht als Beweismittel zu.

Der BGH hob diese Entscheidung auf und erklärte die Aufnahmen in solchen Fällen für verwertbar. Es bleibe zwar dabei, das dauerhaftes Filmen des öffentlichen Verkehrs gegen den Datenschutz verstoße und als Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat verfolgt werden könne. Dieser Verstoß führt laut BGH aber in Zivilprozessen zu Verkehrsunfällen nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot von „kurzen, anlassbezogenen Aufzeichnungen“. Begründung: Eine „wirksame Rechtspflege“ habe in solchen Fällen Vorrang vor dem Datenschutz des Unfallgegners. Zudem bewegten sich die Gefilmten freiwillig im öffentlichen Straßenraum und müssten bei Unfällen Angaben zu ihrer Person, ihrem Auto, zur Versicherung und zum Unfallhergang machen. Insoweit wiege der Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht, wie etwa Aufnahmen von ihrem Autokennzeichen, weniger schwer.

Laut Klägervertreter führt das Urteil die Dashcamnutzer gleichwohl in schwierige Situationen: Bei einem Verkehrsunfall könnte etwa der Unfallgegner die Polizei auf die Kamera in dem anderen Auto hinweisen. Dessen Besitzer könnten die Aufnahmen dann zwar vor Gericht verwenden, wenn er sich im Recht glaubt, müsste aber wegen Verstoßes gegen das Datenschutzrecht eine Geldbuße befürchten, falls die Kamera im Dauerbetrieb lief. Sollte der Besitzer der Dashcam eindeutig an dem Unfall schuld sein, könnte der Unfallgegner die Polizei zudem um die sofortige Sicherung der Aufnahmen bitten. Dann wäre der Kamerabesitzer doppelt bestraft. Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft erklärte, das Urteil führe zu mehr Rechtssicherheit. Die Kameras könnten auch zum Nachweis von Verkehrsstraftaten wie Nötigungen dienen, für die es bislang „allein das brüchige Beweismittel der Aussage des Genötigten“ gebe.

Artikel 4 von 12