Bonn/Meerbusch – Der nahe Neuss auf einen Güterzug aufgefahrene Personenzug hätte den Gleisabschnitt nicht befahren dürfen. Das sagte ein Sprecher der Bundesstelle für Eisenbahn-Unfalluntersuchungen in Bonn am Mittwoch. Bei dem Unfall am Dienstagabend wurden laut Bundespolizei 9 Menschen schwer und 41 leicht verletzt.
Warum der Zug die Strecke bei Meerbusch dennoch befuhr, müsse nun geklärt werden, erklärte die Ermittlungsstelle. Dies sei keine Schuldzuweisung an den Lokführer, betonte Sprecher Gerd Münnich: So müsse etwa noch ermittelt werden, ob etwa die Signale falsch geschaltet gewesen seien oder vom Lokführer übersehen wurden.
Die Fahrtenschreiber beider Züge seien sichergestellt und ausgelesen worden. Auch in den Stellwerken seien Informationen gesichert, der Bahnfunkverkehr sei ebenfalls aufgezeichnet worden.
Danach ergebe sich das Bild, dass der Güterzug ordnungsgemäß gehalten und auf das Signal zur Einfahrt in den Bahnhof Meerbusch-Osterath gewartet habe. Damit sei diese Strecke zwischen Krefeld und Köln für den nachfolgenden Verkehr eigentlich gesperrt gewesen. „Der Personenzug hätte in den Abschnitt nicht reinfahren dürfen“, sagte Münnich. Die Bundesstelle stufte die Kollision als schweren Unfall ein, bei der die Schadenshöhe von zwei Millionen Euro überschritten sein dürfte.
Der Regional-Express der Linie 7 von Köln nach Krefeld war mit dem Güterzug von DB Cargo, der von Dillingen nach Rotterdam unterwegs war, am Dienstagabend auf offener Strecke kollidiert.
Nach Einschätzung von Karl-Peter Naumann, Sprecher des Fahrgastverband Pro Bahn, gibt es drei mögliche Gründe, warum der Regionalexpress in die Strecke fuhr: Zum einen, könne im Stellwerk die Sicherheitssperre ausgeschaltet worden sein und der Lokführer des Regionalexpresses so den Befehl bekommen haben das rote Signal zu überfahren. Denkbar sei aber auch eine Störung der Elektronik im Stellwerk, oder dass in dem Regionalexpress die Sicherheitsbremsen ausgeschaltet waren, die verhindern sollen, dass ein Zug auf eine gesperrte Strecke fährt.
Die Bergungsarbeiten dauerten am Mittwoch an. Bis nach Mitternacht waren die Rettungskräfte mit der Evakuierung des Personenzugs beschäftigt. Eine abgerissene Oberleitung, die den Zug unter Strom setzte, erschwerte die Rettungsaktion zunächst. Die 173 Reisenden mussten lange in dem Zug ausharren. Die Feuerwehr war nach eigenen Angaben mit mehr als 200 Einsatzkräften an der Unfallstelle. Spezialisten der Deutschen Bahn begannen derweil an der Unfallstelle mit der Bergung der Unfallzüge. Dabei wurde ein schwerer Schienenkran eingesetzt. Nach Bahnangaben wurde erst nach der Bergung der beiden Züge Klarheit über die Schäden erwartet, die an den Oberleitungen und am möglicherweise am Gleiskörper entstanden. Die Reparaturarbeiten würden einige Tage dauern, wenn nicht noch länger. Der Lokführer des Regionalzugs verhinderte mit einer Vollbremsung Schlimmeres, so erste Erkenntnisse. Bei dem Aufprall wurde der Lokführer in seiner Fahrerkabine selbst verletzt. Er konnte gerettet werden, stand aber unter Schock. cjm, dpa