London/Brüssel – Das britische Parlament hat den mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag am Freitag zum dritten Mal abgelehnt. Nun droht entweder ein Austritt des Landes aus der Europäischen Union ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexits mit einer Teilnahme der Briten an der Europawahl Ende Mai. Ursprünglich wollte Großbritannien die EU bereits an diesem Freitag verlassen.
„Die Auswirkungen der Entscheidung des Unterhauses sind schwerwiegend“, sagte Premierministerin Theresa May nach der Abstimmung, bei der der Vertrag mit 344 zu 286 Stimmen abgelehnt wurde. Es müsse ein alternativer Weg gefunden werden. May kündigte an, sich weiter für einen geordneten EU-Austritt einzusetzen.
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, forderte May zum Rücktritt auf. Die Premierministerin müsse gehen – „nicht zu einem unbestimmten Datum in der Zukunft, sondern jetzt!“, sagte er. EU-Ratschef Donald Tusk berief einen EU-Sondergipfel für den 10. April ein, wie er per Twitter mitteilte. Die EU-Kommission hält jetzt einen EU-Austritt ohne Vertrag am 12. April für wahrscheinlich. Man bedauere das Votum, erklärte ein Sprecher. Nun sei es an Großbritannien, zu erklären, wie es weitergehen könnte. Die Vorteile des Austrittsvertrags, darunter die Übergangsphase bis Ende 2020, würden bei einem harten Austritt keinesfalls mit angeboten.
Für May ist das Nein des Parlaments ein weiterer herber Rückschlag. Für den Fall eines Erfolgs hatte sie ihren Rücktritt in Aussicht gestellt. Doch auch eine weitere Verschiebung des Austritts wollte sie eigentlich nicht verantworten.
Theoretisch könnte May ihren Deal noch mal zur Abstimmung stellen. Doch der Druck auf sie scheint zu hoch. Medien spekulieren bereits über mögliche Nachfolger, darunter Ex-Außenminister Boris Johnson. Das Parlament arbeitet indes an einem Plan B. Am Montag will es eine zweite Runde an Testabstimmungen über Alternativen zu dem Abkommen abhalten. Bei der ersten Runde hatte es alle Vorschläge abgelehnt.