Gute Unterhaltung kann wehtun. Muss sie vielleicht auch manchmal. Der neue „Polizeiruf 110“ aus München zeichnet ein düsteres Bild unserer Gesellschaft. Ausländerfeindlichkeit ist gang und gäbe, zwielichtige Machenschaften seitens Staatsdienern und Behörden erscheinen als Selbstverständlichkeit. Der Zuschauer kann sich viel wundern, viele Fragen stellen, wenn er am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten „Das Gespenst der Freiheit“ sieht. Über allem steht: Ist Deutschland wirklich so? Wirklich so schlimm?
Der Sachverhalt ist eindeutig: Ein Flüchtling wurde brutal zu Tode geprügelt. „Als man ihn gefunden hat, war sein Kopf so weit nach hinten gebogen, dass die Wirbel aus der Halswirbelsäule rausgebrochen sind“, schildert Hauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) das Ergebnis der Tat.
Die Tatverdächtigen kommen aus der rechten Szene. Aber: Den Ermittlern fehlen eindeutige Beweise. Sie wollen mindestens einen der Männer in der Untersuchungshaft zum Reden bringen. Doch dann schaltet sich Verfassungsschutzmitarbeiter Peter Röhl (Joachim Król) ein. Mit von Meuffels buhlt er um das Vertrauen des Hauptverdächtigen Farim Kuban. Beide machen dem Halbiraner Versprechungen, wie er sein Leben in Frieden fortsetzen könnte. Der junge Mann ist zerrissen zwischen seiner Kameradschaft, die Rumänen vom Straßenstrich vertreiben will, seiner deutschen Freundin und der Hoffnung auf eine ruhige Zukunft ohne Lebensgefahr.
Erschütternd an dem Film ist zweierlei: Zum einen wimmelt es da vor Sätzen, die lapidar dahergesagt werden, deren Gültigkeit aber für keinen Moment in Zweifel gezogen wird. Von Meuffels zum Kollegen: „Lass uns mal im Büro nicht so über den Fall reden. Ich will nicht, dass die Rechten bei uns alles mitbekommen.“ Der Staatsanwalt: „Sie wissen, wie empfindlich die Öffentlichkeit ist. Vier Deutsche im Knast wegen einem Ausländer.“
Hinzu kommen Szenen, in denen Wärter im Gefängnis immer und immer wieder mit Schlagstöcken auf am Boden liegende Menschen prügeln. Die Rechten verbrennen eine Europaflagge und singen dazu die „Ode an die Freude“. Als sie in eine Kneipe gehen, zeigen sie den Hitlergruß.
Zum anderen sind da die Parallelen zu realen Fällen: Die Verstrickungen des Verfassungsschutzes in die rechte Szene erinnern an die NSU-Ermittlungen. Außerdem mag verwundern, dass jemand, der aus dem Iran stammt, in der rechten Szene ist und sich als „Arier“ bezeichnet. Der Iran gilt als Heimat der Arier, eines zentralasiatischen Volkes mit indoeuropäischer Sprache. Die Nationalsozialisten machten aus dem Begriff „Arier“ eine Bezeichnung für eine aus ihrer Sicht „überlegene Rasse“.
Die Parallele hier: Der Amokläufer von München im Juli 2016 war ebenfalls ein Deutscher, dessen Familie aus dem Iran kommt und ist laut den Ermittlungen stolz darauf gewesen, „Arier“ zu sein. Einige Gutachter und Politiker sehen hinter der Tat rechtsextremistische Motive. Diese Zusammenhänge können ein Gefühl des Unbehagens vermitteln. Sie werfen Fragen auf, machen nachdenklich. Und tun weh.