München – Der Bruch der Bundesregierung ist vorerst vertagt. In getrennten Sitzungen haben die Parteivorstände von CDU und CSU einen Stufenplan für Abweisungen an den Grenzen und ein europäisches Verhandlungsmandat für Kanzlerin Angela Merkel beschlossen. Der grundlegende Dissens dürfte aber Ende Juni erneut für schwere Spannungen sorgen. „Wir sind nicht überm Berg“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer.
Merkel akzeptierte den Plan der CSU, sofort mit Zurückweisungen in sehr kleinem Umfang zu beginnen. Die Bundespolizei und Bayerns Polizei sollen Migranten abweisen, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde. Ab Juli wird das auf Flüchtlinge ausgeweitet, die in anderen EU-Ländern registriert wurden. Diesen Schritt will Merkel verhindern und durch bilaterale Verträge ersetzen. Die CSU lässt ihr dafür ein Zeitfenster von 13 Tagen. Sie stehe „unter Handlungsdruck“, räumte Merkel ein. Sie drohte aber, einseitige Schritte durch Seehofer mit der Richtlinienkompetenz als Kanzlerin zu unterbinden.
Das Verhältnis der Schwesterparteien bleibt schwer belastet. CSU-Vizegeneralsekretärin Daniela Ludwig warf Merkel vor, seit 2015 einen „nationalen Alleingang“ zu vollführen. Klagen der CDU, die CSU spalte Europa mit ihrem Vorgehen, seien „unverschämt“. Ministerpräsident Markus Söder rügte, es sei „in drei Jahren keine europäische Lösung erzielt worden“.
Die SPD verlangt eine Sitzung des Koalitionsausschusses – vor dem EU-Gipfel. Es wäre der erste Koalitionsgipfel in der knapp 100 Tage währenden Regierungszeit dieses Bündnisses. Die SPD fordert statt Abweisungen beschleunigte Asylverfahren in Deutschland.
Die Regierungskrise sorgt international für teils schrille Reaktionen. US-Präsident Donald Trump twitterte: „Die Deutschen wenden sich gegen ihre Führung, weil die Migration die schwächelnde Koalition durchschüttelt. Es war ein großer Fehler in ganz Europa, Millionen von Menschen hereinzulassen, die die Kultur so stark und gewaltsam verändert haben.“ cd