Es gibt vielversprechende Entwicklungen, mit denen die Emissionen klimaschädlicher Abgase erheblich vermindert, wenn nicht sogar ganz verhindert werden könnten, unter anderem synthetische Kraftstoffe, in Fachkreisen E-Fuels genannt. Diese werden künstlich hergestellt und sollen Fahrzeuge unabhängiger von fossilen Brennstoffen machen. Die Kombination aus effizienten Pkw- und Nfz-Motoren mit neuen Kraftstoffen könnte zur Schlüsseltechnologie für eine weitgehend CO2-neutrale Mobilität mit geringen Emissionen werden.
Der Herstellungsprozess ist bei allen Varianten ähnlich: Die Moleküle des Ausgangsmaterials werden in ihre Bestandteile zerlegt, wodurch synthetisches Gas entsteht. Danach werden die Spaltprodukte dieses Gases neu sortiert und in einen flüssigen Rohstoff umgewandelt, der vor allem aus Kohlenwasserstoff besteht. Daraus können – wie bei Rohöl – verschiedene Produkte hergestellt werden, zum Beispiel Kerosin oder Diesel. Die notwendigen Moleküle können aus Pflanzen, Erdgas oder auch einfach aus Wasser und Kohlendioxid (CO2) hergestellt werden.
Für das Endprodukt ist die Herkunft grundsätzlich egal – sie hat keinen Einfluss auf die Eigenschaften des Kraftstoffes. Synthetische Kraftstoffe verbrennen deutlich sauberer als solche, die auf Rohöl basieren. Deshalb erzeugen sie auch weniger Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide (NOX). Daneben gelten sie als schonend für Filter und Motoren. Sie sind lange lagerfähig, kälteunempfindlich, klar wie Wasser und passen in jeden Tank – ohne Umbau. Welche Rolle diese Kraftstoffe eines Tages auf der Straße spielen werden, ist vorläufig noch ungewiss. Für Flugzeuge, große Nutzfahrzeuge und Schiffe könnten sie zuallererst eine wichtige Rolle spielen, weil elektrische Antriebe für diese Fahrzeuge, wenn überhaupt, in weiter Ferne möglich sein werden. Neben einer auf Wasserstoff beruhenden Elektromobilität mittels Brennstoffzelle sind sie als Alternativen für hohe Reichweite denkbar. Der Heilbronner Maschinenbau-Professor Karsten Wittek bewertet die Möglichkeiten noch skeptisch: „Selbst Hersteller gehen davon aus, dass E-Fuels frühestens im Jahr 2025 im industriellen Maßstab zur Verfügung stehen. Für die Erfüllung der 2030er-Klimaziele werden E-Fuels daher kaum einen Beitrag leisten.“
Industrieller Maßstab ist eine Frage der Zeit
Sein Kollege Professor Manfred Aigner, für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Direktor des Instituts für Verbrennungstechnik in Stuttgart, ist dagegen fest davon überzeugt, dass sich in Pkws synthetische Kraftstoffe in Zukunft durchsetzen werden: „Die Frage ist nur wann. In unseren Köpfen und im Labor ist der synthetische Kraftstoff schon sehr weit gediehen. Das Problem liegt noch darin, ihn im großtechnischen Maßstab herzustellen.“ Diesen Schritt will das erst neun Jahre alte Unternehmen Sunfire aus Dresden, das 2016 als eines der zehn innovativsten Energieunternehmen weltweit ausgezeichnet wurde, demnächst wagen.
Allein aus Wasser und Kohlendioxid stellt das Start-up-Unternehmen mit Ökostrom synthetischen Kraftstoff her. Das Verfahren heißt PtL (Power to Liquid) und funktioniert bereits so gut, dass Sunfire 2021 in Norwegen eine Produktionsanlage eröffnen will, die jährlich zehn Millionen Liter davon herstellen wird. Norwegen, europäisches Musterland für E-Mobilität, will bereits 2025 die Neuzulassung herkömmlich angetriebener Autos ad acta legen. ampnet/hrr