Ein Hochhaus aus Fichtenholz

von Redaktion

24 Stockwerke auf 800 Stämmen – Das Wiener Modellist die Zukunft

Im Münchner Prinz-Eugen-Park in Bogenhausen wurde gerade die größte Holzbausiedlung Deutschlands mit derzeit rund 600 Wohnungen fertig. Nun haben die Österreicher mit dem HoHo Wien noch eins draufgesetzt. Dort steht jetzt ein Holz-Hochhaus – das erste seiner Art an der Spitze eines Nischen-Trends.

Vom ersten Stock an aufwärts besteht es zu 75 Prozent aus Holzteilen. Rund 800 Holzsäulen aus österreichischer Fichte tragen die Geschosse mit, die Wandelemente sind aus dem nachwachsenden Rohstoff und auch die Holzverbunddecke. Mit fast 20000 Quadratmetern Fläche ist es ein Holz-Stahlbeton-Hybridhaus, das in dieser Dimension laut Projektentwicklerin Caroline Palfy seinesgleichen sucht. „Es ist ein Statement für die Verwendung von Holz auch im Hochhausbau“, sagt die 40-jährige Baumeisterin und Ingenieurin.

Die Sorge, ein im Wesentlichen aus Holz bestehendes Hochhaus könnte zur Feuerfalle werden, sei unbegründet, betont Palfy. Die 40 mal 40 oder gar 40 mal 124 Zentimeter starken Holzsäulen seien äußerst robust. Ein Wand-Decken-Element wurde in einer Brennkammer 90 Minuten lang 1000 Grad ausgesetzt. Nur die äußeren 8,4 Zentimeter der getesteten Elemente seien verkohlt gewesen, das Material immer noch tragfähig. Statisch könnte jede zweite Säule versagen und das Gebäude würde immer noch stehen, meint Palfy. „Wir sind nicht die größte Zündholzschachtel der Welt, wie Kritiker einst meinten.“

Holz als Baumaterial ist gefragter denn je. Nach Angaben von Holzbau Deutschland, einer Fachgruppe im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, kletterte die Holzbauquote bei Wohnhäusern seit 2014 von 15,1 Prozent auf 17,8 Prozent. Eines der großen Holz-Hybrid-Projekte in Deutschland war das Woodie in Hamburg mit 371 kleinen Appartements des Studentenwohnheims. In Heilbronn (Baden-Württemberg) steht das aktuell höchste Holzhochhaus Deutschlands – das zehngeschossige Skaio. Das Holzbauhochhaus Wildspitze in Hamburg wird in seiner Dimension das Wiener Projekt wohl toppen. Das höchste Holzhochhaus mit 85 Metern steht in Brumunddal in Norwegen. Seine Nutzfläche ist viel kleiner als die des Gebäudes in Wien.

Eine solche Verwendung ist gut für die Klimabilanz. Denn Holz, das weder verbrennt noch verrottet, sondern als Bauholz konserviert ist, gibt das gespeicherte CO2 nicht frei. Ein weiterer immenser Vorteil des Baustoffs: Holz ist leicht genug, um in den Städten das Potenzial für Ausbauten auf dem Dach auszureizen. Eine Studie der TU Darmstadt weist darauf hin, dass auf deutschen Dächern bis zu 2,7 Millionen Wohnungen möglich seien.

In Wien wurden circa 75 Millionen Euro in das 24-stöckige Haupt- und das fünfgeschossige Nebengebäude investiert. 70 Prozent nehmen die Flächen für Hotel, Büro und Restaurant ein. Das HoHo Wien liegt in einem Wiener Vorzeigeareal. In der Seestadt im Nordosten der Hauptstadt hat eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas immer mehr Gestalt angenommen. Bis 2028 sollen hier auf 240 Hektar für 20000 Menschen bezahlbare Wohnungen und für viele Tausend Menschen Arbeitsplätze entstehen.

Die Argumente gegenüber Interessenten seien das gute Raumklima und natürlich der Verweis auf die Umweltbilanz. „Das bei uns verbrauchte Holz ist in den österreichischen Wäldern in einer Stunde und 17 Minuten nachgewachsen“, rechnet Palfy vor. Zu ihrem Bedauern ist es aber aktuell noch nicht möglich, dass in gewerblich genutzten Räumen auf Klimaanlagen verzichtet wird. „Das wäre nicht vermarktbar.“

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