In Deutschland fließt inzwischen doppelt so viel Geld in Immobilien wie noch vor zehn Jahren. Nach einer ersten Hochrechnung amtlicher Gutachter waren es im vergangenen Jahr 260 bis 270 Milliarden Euro, etwa zehn bis 15 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. „Es gibt keine Hinweise auf eine Trendumkehr“, sagte Peter Ache, Geschäftsstellenleiter des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die Immobilienumsätze 2018 die Summe von 300 Milliarden Euro überschritten.
„Die Zinsen sind nach wie vor niedrig, die Zuwanderung in die Städte ist fast unverändert“, beschrieb Ache die Ursachen für den ungewöhnlich langen Boom. Zudem bleibe in den Städten Bauland knapp. Zwar seien 2018 etwas mehr Baugrundstücke verkauft worden. „Ob dieser leichte Aufwärtstrend allerdings ausreicht, um die erforderlichen rund 380000 neuen Wohnungen zu realisieren, bleibt abzuwarten.“
2009 hatten die Deutschen noch etwa 130 Milliarden Euro für Häuser, Wohnungen und Grundstücke ausgegeben. Seitdem zeigt die Kurve aufwärts. Wie in den Vorjahren dürften 2018 etwa eine Million Objekte den Eigentümer gewechselt haben, schätzt Ache.
Besonders in den Städten steigen die Preise. „Es drückt aber auch immer mehr ins städtische Umland hinein“, sagte der Fachmann. In den Speckgürteln steige die Nachfrage. Je nachdem, wie gut die Bahn-Verbindung ist, nähmen Haus- und Wohnungskäufer lange Pendelwege in Kauf, etwa von Lüneburg ins 50 Kilometer entfernte Hamburg.
Der Gutachter warnte davor, angesichts des anhaltenden Booms leichtfertig eine Wohnung zu kaufen. „Man darf die Unsicherheit von Immobilienpreisen im langfristigen Vergleich nicht vernachlässigen.“ Über die Jahrzehnte könne der Wert stark schwanken. Steigende Preise abseits der Metropolen vermeldet auch der „Wohnatlas 2019“ der Postbank. 2018 wurden demnach in mehr als 90 Prozent aller deutschen Landkreise und kreisfreien Städte höhere Verkaufspreise als im Vorjahr verzeichnet.
Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise stiegen in 365 von 401 Kreisen und Städten an, während im Jahr 2017 lediglich 242 Kreise einen Preisanstieg verbuchten. Im bundesweiten Mittel lag das Plus inflationsbereinigt bei 7,2 Prozent – und fiel damit noch stärker aus als im Vorjahr.
„Die Immobilienpreise kennen derzeit nur eine Richtung, nämlich aufwärts“, erklärte Eva Grunwald, die das Immobiliengeschäft der Postbank leitet. Solange die Niedrigzinsphase anhalte und Baukredite günstig seien, sei eine „Trendwende nicht zu erwarten“. Mit Abstand am teuersten ist und bleibt München: Im vergangenen Jahr wurde dort die 7000-Euro-Schwelle beim Quadratmeterpreis durchbrochen; der Durchschnittswert für Bestandsbauten in der bayerischen Landeshauptstadt lag bei 7509 Euro. Das sind 8,7 Prozent mehr als im Jahr 2017. Grunwald riet Kaufinteressierten, genau hinzusehen – einzelne Objekte könnten überteuert sein. „In einigen begrenzten Märkten wie den In-Vierteln der Großstädte drohen die Preise zu überhitzen“, warnte sie. Die stärksten Steigerungen betreffen dem „Wohnatlas“ zufolge allerdings nicht die klassischen Speckgürtel der Metropolen. Von der großen Nachfrage nach Wohneigentum profitiert demnach auch der ländliche Raum. „Die Menschen suchen im Wohneigentum eine sichere Geldanlage, in und um die Metropolen wird es zunehmend eng und teuer, deshalb weichen Kaufinteressierte verstärkt in den ländlichen Raum aus“, erklärte Grunwald.
Den mit Abstand rasantesten Preisanstieg verzeichnet übrigens Suhl im Süden Thüringens. Dort wurden Wohnungen und Häuser um knapp die Hälfte teurer. Erschwinglich ist es dort dennoch: Der Quadratmeterpreis liegt bei 1655 Euro.