Neues Heim im alten Haus?

von Redaktion

Sanierung oder Abriss: Bauzustandsanalyse hilft bei der Entscheidung

Wer ein altes Haus kauft oder erbt, steht vor der Frage: Lohnt sich noch eine Sanierung oder soll der Abrissbagger kommen? Eine Pauschalantwort gibt es nicht. Oft gibt es gute Gründe, die Bausubstanz zu erhalten.

Rein rechnerisch ist die Antwort schnell gefunden. Sind Abriss und nachfolgender Neubau kostengünstiger als eine aufwendige Sanierung, kann das alte Haus weg. Doch so einfach ist das nicht. „Natürlich müssen Hausbesitzer auf die Kosten achten, aber es spielen auch noch weitere Kriterien eine Rolle“, sagt Ines Prokop vom Verband Beratender Ingenieure. Ein Bestandsbau hat nicht nur materiellen Wert. Er verkörpert auch eine bestimmte Kultur. Auch Umwelt- und Klimagründe kann es geben. „Eine Sanierung ist fast immer nachhaltiger als Abriss und Neubau.“ „Ohne eine gründliche Bauzustandsanalyse ist überhaupt keine Aussage zu treffen“, betont Ulrich Zink vom BAKA Bundesverband Altbauerneuerung in Berlin. Diese Analyse erlaubt erst eine realistische Bewertung der Immobilie. Überprüft werden Tragwerk, Bausubstanz und technische Ausstattung des Hauses, ebenso Schadstoffbefall und die Belastung durch giftige Chemikalien.

Anhand dieser Erkenntnisse lassen sich die notwendigen Kosten für Umbau oder Abriss kalkulieren und vergleichen. „Man sollte sich allerdings vorher im Klaren sein, was man später mit dem Haus will“, gibt Marc Ellinger, Leiter des Regionalbüros Freiburg-Südbaden im Verband Privater Bauherren, zu bedenken. Sind die Wünsche der Hausbesitzer mit einem Altbau nicht zu vereinbaren, muss eben ein Neubau her. Der ist individuell planbar und in jedem Fall zukunftsfähig.

Im Prinzip können aber auch gebrauchte Häuser mit einer einfallsreichen Planung so umgestaltet werden, dass sie individuellen Ansprüchen genügen und zukunftsfähig sind, ist sich Ulrich Zink sicher. „Dazu benötigt man natürlich Kreativität und eine Vision für das Neue im Alten. Dann bekommt der Altbau sogar einen Mehrwert gegenüber einem schlichten Neubau.“ Manchmal treffe ein Gebäude aber auf den falschen Nutzer, meint er. Dann wäre ein Wechsel der Immobilie angebracht und nicht der Abriss. Ältere Häuser passen nicht immer zum heutigen Lebensgefühl. Sie haben oftmals kleine Räume oder niedrige Geschosshöhen, sind schlecht oder gar nicht wärmegedämmt. „Das sind keine Ausschlusskriterien. Auch solche Häuser lassen sich gut auf einen modernen Stand bringen“, erklärt Prokop. Großzügige und helle Räume mit großen Fenstern etwa kann man mit gewissem Aufwand hinbekommen, wenn man das Gebäude entkernt und neu ausbaut. „Das ist immer noch nachhaltiger als der Abriss“, sagt sie. Entscheidend ist, wie flexibel der Rohbau ist, nicht jede Konstruktion ist geeignet. Auch Auf- oder Anbauten können eine Lösung sein. Kein Abrissgrund ist eine schlechte Wärmedämmung. „Jedes Gebäude lässt sich energetisch verbessern“, stellt Zink klar. Entspricht zum Beispiel in einem Backsteinhaus die Dämmung der Außenwände nicht dem aktuellen Standard, lässt sich mithilfe von Solaranlagen trotzdem ein akzeptabler energetischer Zustand erreichen. Auch vor Feuchtigkeit und Schimmel muss niemand Angst haben. „Wenn die Ursachen gefunden sind, lässt sich das in den Griff bekommen“, sagt Marc Ellinger. „Allerdings kann es teuer werden.“

Klare K.o.-Kriterien für Altbauten gibt es nach Ansicht der Experten kaum. „Der echte Hausschwamm kann ein Hindernis darstellen, aber es kommt auf seine Verbreitung und die Art des Gebäudes an“, sagt Zink. Oft lassen sich selbst bei starkem Befall Lösungen finden, ihn zu beseitigen. Dagegen führt kein Weg am Abriss vorbei, wenn ein Gebäude einsturzgefährdet und die tragende Konstruktion nicht mehr zu ertüchtigen ist. Oder wenn durch zu geringe Geschosshöhen kein Platz für technische Einbauten bleibt. Auch Asbest ist für Ines Prokop ein Knackpunkt. „Vor allem Bauten aus den 1970er- Jahren sind häufig mit Asbest belastet.“ Eine Asbestsanierung sei oftmals so aufwendig und teuer, dass sie sich nicht lohnt und ein Abriss vernünftiger ist. Solange der Asbest allerdings nicht freigesetzt wird, kann er im Haus bleiben, beruhigt Ellinger. Wer Asbest im Haus vermutet, sollte aber unbedingt ein Schadstoff-Screening in Auftrag geben, damit er weiß, wo der Baustoff überall zu finden ist. Typische Schwachstellen haben auch die Bauten anderer Jahrgänge. „Häuser aus den 1920er-Jahren weisen gern Kältebrücken auf“, hat Prokop beobachtet. Um 1938/39 seien manche Baustoffe nicht in der geforderten Qualität verfügbar gewesen, meint Zink. Und Ellinger rät, sich gut zu überlegen, ob ein Fertighaus aus den 1960er- und 1970er- Jahren noch ein Fall für eine teure Sanierung ist: „Es lohnt sich, genau hinzuschauen. Man darf aber nicht alle Häuser über einen Kamm scheren.“

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