Der Hochdruck-Frust

von Redaktion

Immo-Branche ist am Anschlag – dabei passierenmehr Fehler

In deutschen Städten wird derzeit an allen Ecken geschweißt, gebohrt und gebaggert. Fast jede Häuserlücke und jede brache Fläche weicht neuen Wohnungen. Die Baubranche erlebt einen Immobilienboom wie seit Mitte der 90er-Jahre nicht mehr: Egal ob bei Aufträgen oder beim Umsatz – die Wohnungsnot sorgt für Rekordzahlen. Handwerker kommen längst kaum noch hinterher. Wer einen Maler oder Heizungsbauer braucht, wartet Wochen.

Doch der Hochdruck am Bau sorgt nicht nur dafür, dass Hausbauer Geduld brauchen – sondern auch viel Frusttoleranz. Denn die Mängel an Gebäuden nehmen zu, legt eine Studie des Bauherren-Schutzbundes (BSB) nahe. Die Zahl der Versicherungsschäden hat sich demnach zwischen 2009 und 2016 fast verdoppelt (plus 89 Prozent).

Schuld aus Sicht des Verbands, der mehr als 5800 Haftpflichtfälle der Architekt-Ingenieur-Assekuranz ausgewertet hat: überlastete Firmen, Fachkräftemangel und immer mehr Vorschriften am Bau. „Dadurch steigt auch die Fehleranfälligkeit bei Planung und Bauausführung“, sagt BSB-Geschäftsführer Florian Becker.

Die Mängel gibt es laut dem Papier am häufigsten an Dächern, Decken, Fußböden und Wänden. Die Folge sind feuchte Wohnungen, Risse und falsche Abdeckungen. In der Regel tauchen die Schäden im ersten Jahr nach der Fertigstellung auf. „Manche Probleme wie die fehlerfreie Abdichtung bei bodengleichen Duschen, die schon auf dem Rückzug waren, kommen jetzt wieder verstärkt“, sagt Becker.

Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer, macht vor allem Termindruck für steigende Bauschäden verantwortlich. „Jahrelang waren Ingenieurbüros nicht ausgelastet und mussten daher zwangsläufig Kapazitäten abbauen. Heute stoßen sie im Boom an ihre Grenzen.“

Er sieht aber auch die Politik in der Pflicht. „Wir brauchen Planungssicherheit bei Investitionen der öffentlichen Hand, damit wir nicht krasse Kapazitätsschwankungen haben.“ Die Politik müsse früher gegensteuern, wenn es Engpässe wie jetzt beim Wohnungsbau gebe. Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) beobachte mehr Schäden, da schlicht mehr gebaut werde. „In Deutschland haben wir mehr als 15 Jahre unsere Infrastruktur, aber auch den Wohnungsbau sträflich vernachlässigt“, meint Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Der Investitionsstau lasse sich nun nicht in kurzer Zeit abarbeiten.

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