Bildungsfernsehen. Allein das Wort lässt einen an schwadronierende Hochschulpädagogen in schlechter Studiokulisse denken. Dabei ist Bildungsfernsehen das, was alle vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen fordern, aber nur wenige anschauen. Das soll sich jetzt ändern. Anlässlich seines 20-jährigen Bestehens hat ARD alpha, der einzige echte Bildungskanal im deutschsprachigen Raum, sein Profil geschärft. Eine neue Programmstruktur und innovative Formate sollen Zuschauern aus allen Schichten künftig den Zugang zu Wissensinhalten erleichtern. Mit „alpha demokratie“ (montags bis freitags um 19.30 Uhr) etabliert der Sender deshalb ein Format, das Nachrichten erklärt und damit mehr Verständnis für demokratische Prozesse weckt. Um Werteorientierung geht es ab Sonntag, 11. März, in der Sendung „Respekt“ (19.30 Uhr). Ebenfalls um 19.30 Uhr startet ab kommenden Samstag die fünfteilige Gesprächsreihe „Megatrends im Dialog“. Moderator Alexander Thamm trifft im halbstündigen Talkformat Wissenschaftler und Experten, mit denen er Fragen diskutiert, die uns in den kommenden Jahrzehnten bewegen werden. Etwa wie wir in Zukunft arbeiten werden. Unsere Zeitung traf Thamm zum Interview.
-Hat Ihnen der Blick in die Zukunft Angst gemacht?
Nein, weil wir in der Sendung ja auch in die Vergangenheit schauen. Im Rückblick sieht man, wie wir Veränderungen durch technische Neuerungen bisher bewältigt haben. Trotzdem wurden durch die Themen meine Sinne geschärft: Es liegt an uns, was wir aus der Digitalisierung machen, wie wir mit der Umwelt umgehen oder unsere Zukunft gestalten. Die Technik ist nicht gut oder böse, aber sie ist eben auch nicht neutral und muss vernünftig gesteuert werden.
-Sind wir dazu überhaupt schon in der Lage?
Ich glaube, dass das Bewusstsein bei den Menschen für einen besseren Umgang mit Technik schon da ist, aber wir sind im Moment noch in der Übergangsphase und stecken in einem Lernprozess. Das hat sich bei allen Themen gezeigt, die wir in der Reihe diskutieren – egal ob Arbeit, Umwelt, Wirtschaft oder das Individuum.
-Wenn man beim Thema Arbeit in die Vergangenheit schaut, kann einem unsere aktuelle Situation doch recht komfortabel vorkommen. Warum fühlen wir uns heute dennoch ausgebrannter denn je?
Weil die Belastung zugenommen hat. Das bestätigt auch die Soziologin Sabine Pfeiffer, die ich in der Sendung zu Gast habe. Früher gab es eine klare Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. Die ist mittlerweile aufgeweicht. Fast jeder ist mobil erreichbar, ruft zu Hause noch schnell Mails ab und versucht der Forderung nach Effizienz, gerecht zu werden. Dazu erleben wir Umwälzungen, bei denen es Gewinner und Verlierer gibt. Das alles verursacht Unsicherheit. Und Unsicherheit macht Stress.
-Welche Fähigkeiten werden in Zukunft besonders wichtig sein?
Flexibilität wird eine große Rolle spielen. Dass man sein Leben lang ausschließlich in einer Firma arbeitet, wird nur noch selten vorkommen. Und gefragt sind sicherlich Fähigkeiten, die Maschinen nicht ersetzen können wie Empathie, Kreativität und Emotionalität. Dadurch ist der Beruf des Anwalts vielleicht gefährdeter als der einer Kinderpflegerin.
-Sie empfangen Ihre Gäste in einer stillgelegten Fabrikhalle in München und spazieren mit ihnen zu verschiedenen „Wissensstationen“. Warum?
Wir wollten weg vom statischen Modell Sitzen, Fragen, Antworten. Stattdessen haben wir einen kleinen Parcours aufgebaut, den ich mit meinen Gästen ablaufe. Das war erfrischend für die Sendung, weil man im Gehen einfach anders denkt und redet. Die ungewöhnliche Kulisse hat einen aber auch immer wieder daran erinnert, wo wir herkommen beim Thema Industrialisierung. In einer alten Fabrikhalle die Zukunft zu besprechen, war für mich der ideale Brückenschlag.
Das Gespräch führte Astrid Kistner.