Zugegeben: Vor einigen Tagen gehörte ich noch zu jener Fraktion, die sich über die übertriebene Panikmache rund um das Corona-Virus echauffiert hat. Mit Besserwisser-Attitüde habe ich Statistiken zu Grippe-Toten ins Feld geführt und Corona-Schwarzmaler als Hypochonder klassifiziert. Doch nun hat das Thema eine andere Dimension erreicht. Das gilt auch für den Sport.
Für mich war das Virus sportliche betrachtet ein enger Verwandter des Zika-Virus. Fünf Monate vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) damals den weltweiten Gesundheitsnotstand aus. Die Zuckerhut-Spiele fanden unter Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Thema verschwand in den Randspalten. Im November 2016 wurde der Notstand wieder aufgehoben.
Corona beeinflusst den Sport aber schon jetzt ganz konkret und nicht nur durch Reisewarnungen wie bei Zika. Das Formel-E-Rennen in China? Abgesagt. Der FC Bayern hat seine Spieler angewiesen, keine Autogramme zu geben und auch keine Selfies mit Fans zu machen, In der Schweiz sind alle Sport-Großveranstaltungen verboten. Das Serie-A-Topspiel zwischen Juventus und Inter Mailand wird ohne Zuschauer stattfinden. China stoppte wegen der Ansteckungsgefahr zeitweise alle Dopingtests, was Experten als „ideales Schlupfloch“ für chinesische Olympiateilnehmer ausgemacht haben. Apropos Olympische Spiele: Als Reporter vor Ort habe ich mich auf die Olympischen Spiele in Japan sehr gefreut. Nun mischt sich ein mulmiges Gefühl in jene Vorfreude.
Funktionäre schließen selbst eine Absage der größten Sportveranstaltung der Welt nicht mehr aus. Ansonsten sind solche Amtsträger darauf bedacht, Terminpläne nicht infrage zu stellen. Sponsoren und Touristen sollen nicht abgeschreckt werden. Das gilt ebenfalls für die Fußball-EM, die am 12. Juni im Corona-Hotspot Italien (Rom) angepfiffen werden und sich über zwölf europäische Länder erstrecken soll. Auch hier hat die UEFA eine Absage in den Raum gestellt.
Bei Corona handelt es sich nicht mehr nur um eine Nachrichtenblase vor sportlichen Großereignissen. Ich verfalle noch nicht in Panik. Weder mit Blick auf meine Reise nach Tokio noch im heimischen München. Aber „Covid-19“ hat die Macht, das Sportjahr 2020 entscheidend zu beeinflussen. Es ist eben nur über 1000 Ecken mit dem Zika-Kollegen verwandt.
Daniel.Mueksch@ovb.net