Spieglein, Spieglein an der Wand

von Redaktion

Malte Villnow ist der Schönheitschirurg der Sportstars – eine besondere Beziehung pflegt er zu Jürgen Klopp

VON DANIEL MÜKSCH

München – Wer auf der Kö(nigsallee) in Düsseldorf flaniert, lechzt nach Aufmerksamkeit. Auffallen und gesehen werden zwischen Gucci, Prada und Chanel. So wie auf dem süddeutschen Pendant, der Münchner Maximilianstraße.

Es gibt allerdings Ausnahmen: Menschen, die aus der Hausnummer 11 huschen, und lieber den anonymen Heimweg über die Tiefgarage wählen oder in eine direkt vor der Tür parkende Limousine springen. Sonnenbrillen, Verbände oder Narben zeugen noch von dem, was in der fünften Etage vor sich ging. Dort hat Dr. Malte Villnow Hand angelegt. Einer der renommiertesten Schönheitschirurgen des Landes.

In den letzten Jahren lagen auf seinem OP-Tisch jedoch nicht nur Stars und Sternchen, die unvorteilhafte Boulevard-Schlagzeilen fürchten. Der Mediziner hat sich zum Vertrauensmann der Sportelite entwickelt. Und seine Eintrittskarte in diesen erlesenen Kreis war eine der schillerndsten Personen der Republik: Jürgen Klopp.

„Ich kannte ihn vorher nicht. Ein Bekannter war mit ihm Abendessen. Das Thema Haartransplantation kam zufällig auf. Klopp war sehr interessiert. Er fragte nach meiner Nummer und wenige Tage später klingelte mein Handy“, beschreibt der Düsseldorfer sein Kennenlernen im Sommer 2012 mit dem Trainer vom FC Liverpool.

Als das renovierte Klopp-Haupt öffentlich wird, klingelt das Telefon in der „Pearl of Aesthetic“ – so der offizielle Name der Klinik – pausenlos. „Die Anfragen haben danach deutlich zugenommen“, rechnet der über 60-jährige Mediziner vor.

Klopp steht von Anfang an zu seiner Schönheits-OP: „Er ging total locker damit um, hat sich im Wartezimmer mit anderen Patienten entspannt unterhalten und nie ein Geheimnis daraus gemacht“, so Villnow über den Champions-League-Sieger und früheren BVB-Coach.

Heute heißt es in der Klinik, mit Anschluss an das Luxushotel „Breidenbacher Hof“, „den Kloppo machen“, wenn Jemand Geheimratsecken und Glatze nicht akzeptiert und auf die Hilfe der rheinischen Frohnatur setzt.

Aber warum kommen so viele Sportler zu ihm? Eine Antwort liefert die Wissenschaft. Die Annahme, dass Sportler, die täglich Stunden trainieren und mit der Optimierung der eigenen Figur ihr Geld verdienen, mit ihrem Körper auch zufriedener sind, ist falsch.

Das belegt eine Studie der Universität des Baskenlandes aus Spanien. Forscherin Marta Arroyo und ihr Team untersuchten 56 junge Männer und deren Körpergefühl. Die Hälfte der Männer waren Fuß ball-Profis aus den ersten beiden spanischen Ligen. Die andere Hälfte fungierte als Kontrollgruppe. Die erste Auswertung lieferte kaum überraschende Ergebnisse: Die Fußballer verfügten über mehr Muskelmasse und einen geringeren Körperfettanteil. Umso erstaunlicher die zweite Erkenntnis der Studie: Die Fußballer wünschten sich mehr Muskeln und einen höheren Körperfettanteil. Bei den Profis lag sogar eine fast identische Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper vor wie bei der Kontrollgruppe.

Aber ein Besuch beim Schönheits-Doc kann sich auch auf die sportliche Leistung auswirken – jedoch meist auf die gleiche Art und Weise wie viele Patienten die Düsseldorfer Privatklinik verlassen: durch die Hintertür. „Selbstvertrauen ist für Top-Athleten enorm wichtig“, beschreibt die Sportwissenschaftlerin Arroyo das Zusammenspiel von Geist und Körper, „scheinbare äußere Schwachpunkte können das Vertrauen in den eigenen Körper mindern. Ein beseitigter optischer Mangel kann den Unterschied zwischen Platz vier oder eins ausmachen, weil die mentale Einstellung eine andere ist.“

Ein weiterer Grund, warum so viele Athleten bei Malte Villnow Schlange stehen, liegt in der menschlichen Natur: „Männliche Sportler sind prädestiniert für Haarausfall. Sie schütten überdurchschnittlich viel Testosteron und Cortisol aus. Das lässt ihre Haare schneller schwinden“, erklärt Villnow.

Wie bei Fußball-Weltmeister Benedikt Höwedes. Der sah sich 2014 nach einem WM-Einsatz in Brasilien selber im TV und wählte Villnows Nummer. Dieser erinnert sich: „Er sagte nur: Jetzt habe ich die Nase voll. Ich sehe nach jedem Spiel aus wie ein geprügelter Hund.“ Von der Titelfeier am Brandenburger Tor stieg er direkt in den Flieger und landete auf dem Stuhl des Haar-Experten. Fußballer haben allerdings ein weiteres Problem: Nach einem Eingriff verordnet der Arzt ein vierwöchiges Sportverbot. Nicht einzuhalten bei den eng getakteten Trainingsplänen. Höwedes, der Leverkusener Karim Bellarabi und Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder erhielten daher eine Ausnahmegenehmigung und mussten sich nur drei Wochen schonen. Mit Erfolg bei dem Trio.

Dennoch wirkte Benedikt Höwedes im Trikot von Lokomotive Moskau zuletzt wieder relativ kahl. „Nicht verpflanzte Haare können natürlich weiter ausfallen. Benni muss ich mal anrufen. Das können wir so nicht lassen“, sagt Villnow mit einem Lächeln. Ganz nebenbei handelt es sich bei dieser haarigen Angelegenheit für den gebürtigen Dortmunder, der auch FDP-Chef Christian Lindner und Popstar Sasha zu vollem Haar verholfen hat, um ein lukratives Geschäft. Ein Eingriff kann in manchen Fällen über 10 000 Euro kosten. Je nachdem, wie viel Haarwurzeln ihren Weg auf die lichten Stellen finden. Aber es sind nicht nur Fußballer, die anreisen: Diskus-Olympiasieger Robert Harting war bei Villnow, ebenso René Weller, ehemaliger Box-Europameister. Es mag beruhigen, dass selbst bei Sportstars körperliche Unsicherheiten durch den Kopf jagen.

Wenn sie die Königsallee 11 verlassen, nur mit etwas mehr Haaren auf dem Kopf.

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