Wenn wir uns was wünschen dürften für die Bundesliga-Rückrunde, dann, dass Rouwen Hennings Torschützenkönig wird. Oder Sebastian Andersson, gerne auch Florian Niederlechner. Denn bekäme im Mai entweder der Düsseldorfer Spätzünder, der kopfballmonströse Union-Schwede oder der nette Ebersberger, der für den FC Augsburg stürmt, die Torjägerkanone des „Kicker“ in die Hand gedrückt, hieße das: Sowohl Robert Lewandowski als auch Timo Werner würden eine verheerende zweite Halbserie gespielt haben, wenn sie ihren Vorsprung von bis zu elf Treffern auf die nachfolgenden Goalgetter noch eingebüßt hätten.
Dabei ist nichts einzuwenden gegen die beiden Herren, die 19 und 18 Tore vorgelegt haben. Lewandowski ist nicht der komplett seelenlose Legionär, als der er oft dargestellt wurde, und Werner bemüht sich, obwohl er für die Marketingplattform Leipzig tätig ist, auf Fragen ehrliche und meinungsstarke Antworten zu geben (was man als Journalist schätzt). Sie geben für ihre Dienstherren (und für sich selbst) das Beste, auch das ist nicht zu kritisieren. Aber: Sie sind dabei, sich an der Geschichte zu versündigen. Wenn beiden oder einem von ihnen in den folgenden 17 Spielen noch ein paar Törchen mehr rausrutschen als in der Hinrunde, wird die 40-Tore-Marke von Gerd Müller fallen. Der „Bomber“ ist in unserem historischen Bewusstsein als einzigartig verankert – er darf nicht übertroffen werden. Niemals.
Es gibt im Sport Wahrheiten, die auf ewig Bestand haben müssen – wenn man mit ihnen aufgewachsen ist. Größter Fußballer aller Zeiten: Pelé. Schönstes Tor, das jemals erzielt wurde: Maradonas 1986er-WM-Solo gegen England. Häufigste Verladung des gegnerischen Torhüters vor Einschuss: JayJay Okocha. Längste Flugphase bei Fallrückziehern: Klaus Fischer. Das muss alles so bleiben. Uns wird unbehaglich, wenn Lionel Messi wieder was Außergewöhnliches macht. Ein neuer Superlativ? Kein Interesse! Verboten!
Lewandowski und Werner bereiten einem auch Angst. Sie sind Maschinen, Terminatoren. Werner hat diese unbewegliche Vollstreckermiene, Lewandowski lässt sich ein paar Minuten nach dem letzten Spiel vor der Winterpause einfach ein paar Leistenersatzteile einsetzen und steht pünktlich zum nächsten Match bereit. Gerd war mehr Mensch. Ehret ihn, schießt öfter mal daneben!
Guenter.Klein@ovb.net