Flicks Verwandlung

Rampensau über den Wolken

von Redaktion

MANUEL BONKE

Eine Viertelstunde bevor die Qatar-Airways-Maschine den kritischen Luftraum an der Grenze zwischen dem Irak und dem Iran erreichte, betrat Bayern-Trainer Hansi Flick am Freitag die Economy-Klasse des Flugzeugs. Der Fußballlehrer hatte bereits tags zuvor angekündigt, gerne sein Trainingslager-Fazit in einigen tausend Metern Höhe ziehen zu wollen. Aus diesem Grund stand Flick dann mit einer halb vollen Tasse Kaffee in der Hand im vorderen Bereich der „Holzklasse“ und ließ gegenüber den Journalisten eine Viertelstunde lang die vergangenen Tage in Doha Revue passieren. Flicks Redseligkeit hatten die Bayern-Bosse in der zurückliegenden Woche ja bereits beim Thema Transfer-Forderungen zu spüren bekommen, die Presserunde über den Wolken war der nächste Akt – und erneut eine Bestätigung, dass bei Hansi derzeit die Metamorphose vom Mann aus der zweiten Reihe zur Rampensau in vollem Gange ist.

Nachdem er sein Trainingslager-Fazit gezogen hatte, blieb noch etwas Zeit. Also wurde nach den Transfer-Forderungen gefragt, die Flick einen Tag vor der Presserunde mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic bewusst erhoben hatte. Der Bayern-Trainer versicherte, dass es ihm damit lediglich um die Sache gehe, da er hohe Ziele mit dem Verein erreichen wolle. Flick war bemüht, den Eindruck zu vermitteln, dass dahinter auf gar keinen Fall Eigeninteresse steckt.

Wer den Übungsleiter seit seiner Beförderung zum Cheftrainer erlebt hat, wird ihm das aber nicht vollumfänglich abkaufen. Flick genießt seine öffentlich wirksame Rolle – mit Recht. Er leistet gute Arbeit, die Mannschaft folgt ihm, vertraut ihm blind. Die extrem engagierten Trainingsauftritte der Spieler bestätigen das. Obwohl es täglich drei Einheiten gab, war die Stimmung stets außergewöhnlich gut. Bei allem merkt man: Flick weiß genau, dass sich ihm die Chance seines Lebens bietet.

Nach seinem WM-Titel 2014 als Co-Trainer von Bundestrainer Joachim Löw geriet seine Karriere im Fußball-Geschäft als DFB-Sportdirektor und Manager bei der TSG Hoffenheim ins Stocken. Mit einem langfristigen Vertrag als Bayern-Cheftrainer würde sein beruflicher Werdegang wieder Aufschwung erhalten. Das weiß Flick und somit wird er weiter medienwirksam in die Offensive gehen. So wie gestern im Flugzeug, als Flicks Kaffee nach seinem Auftritt letztendlich kalt war.

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