Geteilte Meinungen vor der Premiere

von Redaktion

Erstmals wird der Teamwettkampf ATP Cup ausgetragen – Kyrgios sammelt für Opfer der Feuer

VON DORIS HENKEL

Brisbane – Irgendwie kommt einem die Geschichte immer noch kurios vor. Keine sechs Wochen nach der Premiere des reformierten Davis Cups beginnt heute in drei australischen Städten der nächste hochkarätige Mannschaftswettbewerb. Beim neuen ATP Cup spielen Tennisteams aus 24 Nationen um den Titel, reichlich Punkte für die Weltrangliste und um erkleckliches Preisgeld von 15 Millionen US-Dollar, und nicht nur die zeitliche Nähe der beiden Veranstaltungen führen auf direktem Weg zur Frage, ob das eine gute Konstellation ist.

Viele sind der Meinung, prinzipiell sei in einem prall gefüllten Terminkalender kein Platz für beide Wettbewerbe, und das findet auch die Nummer eins, Novak Djokovic. Auf die Dauer, erklärte er in Brisbane, wo auch die Deutschen in der Vorrunde spielen werden, könne es nur einen großen Wettbewerb geben – ob man den nun Weltcup nenne oder wie auch immer. Das werde weder in diesem noch im kommenden Jahr passieren, aber falls sich alle Beteiligten möglichst schnell zusammenfänden, dann vielleicht ab 2022. „Ich hoffe einfach, dass das passiert, weil es sicher schwer werden wird, die besten Spieler zu beiden Wettbewerben zu locken.“

Ohne die besten Spieler gehe es nun mal nicht, findet auch Boris Becker, der als Kapitän der deutschen Mannschaft in den kommenden Tagen in Brisbane und danach im besten Fall auch bei der Endrunde in Sydney bei der Arbeit sein wird. Beim ATP Cup lädt die Nummer eins im Team einen Mann als Kapitän ein, und so war es in diesem Fall mit Alexander Zverev und Becker.

Zverev mag den neuen Davis Cup bekanntlich nicht, weil er findet, die Tradition des alten sei verkauft worden; er war in Madrid nicht dabei. Becker sagt, grundsätzlich sei es sicher positiv, wenn es für die Spieler viele Möglichkeiten gäbe, auf höchstem Niveau zu arbeiten – er zählt auch Roger Federers Laver Cup dazu, den Vergleich zweier Teams aus Europa und aus dem Rest der Welt. „Auf mittlerer Sicht sehe ich aber nicht Platz für alle, da ist einer zu viel“, sagt Becker. Hat er eine Vorstellung, wie viel Zeit sich die Veranstalter geben sollten, um einen Kompromiss und eine Lösung zu finden? „Wenn Sie Roger fragen, der will am liebsten den Laver Cup noch in 20 Jahren haben“, sagt er, „wenn Sie Piqué fragen, der will das auch, die ATP genauso. Also, die drei können wir nicht fragen. Insofern müssen wir schauen, welcher Wettbewerb am stärksten ist, wo die Zuschauerresonnanz am besten ist, wo das Preisgeld herkommt. Irgendwann entscheidet dann der Markt, welches Turnier überleben wird.“

Auf der anderen Seite gibt es nicht wenige Spieler, die Davis Cup und ATP Cup mögen. „Man kann schon beide Sachen machen“, sagt Kevin Krawietz, der mit Partner Andreas Mies wie in Madrid auch in Brisbane für Deutschland Doppel spielen wird. „Wir finden es ganz cool, das neue Jahr auch mit einem Teamwettbewerb zu starten.“

Punkte und Prämien werden satt verteilt, für Spieler, die nicht wie Novak Djokovic oder Alexander Zverev in zwölf Monaten Millionen einspielen, ist das ein Argument, attraktiv verwoben mit der von allen geschätzten Möglichkeit, für eine Mannschaft zu spielen.

Einer der größten Fans des Mannschafts-Gedankens wird beim ersten Spiel der Deutschen an diesem Freitag auf der anderen Seite stehen, Nick Kyrgios. Der Australier wird im ersten Spiel Gegner von Jan Lennard Struff sein, danach spielen Zverev und Australiens Nummer eins, Alex de Minaur.

Wenn Kyrgios in diesen Tagen dennoch manchmal mit seinen Gedanken woanders ist, dann gibt es dafür einen ernsthaften Grund. Wie viele Landsleute macht er sich größte Sorgen wegen der verheerenden Buschfeuer, die sich an der australischen Ostküste durchs Land fressen. Er forderte den australischen Tennisverband auf, noch vor den Australian Open ein Schauturnier zu organisieren, um Spenden für die Opfer der Feuer einzuspielen, außerdem kündigte er an, für jedes Ass, das er in den kommenden Woche schlage, 200 Dollar zu spenden.

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