Es ist nicht lange her – vier Wochen, um genau zu sein –da hatte man das Gefühl, beim FC Bayern wächst etwas zusammen: Spieler organisierten spontane Mannschaftsabende, Niko Kovac sprach von einem „Arbeitsklima wie unter Freunden“ und selbst Karl-Heinz Rummenigge verzichtete auf seine öffentliche Giftpfeile in Richtung des Trainers. Es schien als hätte die Liaison Kovac-FC Bayern nach einem Stotterstart im letzten Jahr doch noch die Chance zu einer Herzensangelegenheit aufzusteigen.
Heute muss man nüchtern konstatieren: Dieses zarte Liebes-Pflänzchen ist eingegangen. Niko Kovac hat die mühsam erkämpften Sympathien bei den Fans und in der Führungsetage schon wieder verspielt. Noch bitterer: Auch seine Mannschaft hat er abermals verloren.
Ohne Not ist er in den letzten Wochen dreimal bei Spielern, Verein und Fans in gigantische Fettnäpfchen getreten. Als wäre kein Elefant, sondern eine Elefantenherde durch Münchner Porzellanläden marschiert: Zunächst bezeichnete er Thomas Müller als Notlösung. Die Identifikationsfigur als dauerhafter Lückenfüller? Das kann sich nicht nur Müller, sondern auch viele Bayern-Fans einfach nicht vorstellen.
Dann taxierte er seine Spieler als 100-km/h-Schleicher – und blickte ehrfürchtig auf Jürgen Klopps 200-km/h-Raser aus Liverpool. Und nach dem mickrigen Auftritt seiner Mannschaft im DFB-Pokal beim VfL Bochum folgte die bis dato letzte Etappe seiner Elefanten-Rallye: Die Fans seines Ex-Clubs und nächsten Bundesliga-Gegners Eintracht Frankfurt rief er als „beste Fans der Liga“ aus. Mit frenetischem Beistand für Kovac ist nach dieser Auszeichnung aus der Südkurve erst mal nicht zu rechnen.
Womöglich würde man Kovac seine verbalen Eigentore sogar verzeihen. Wenn seine Mannschaft sportlich abliefern würde und eine klare Handschrift in seiner Arbeit erkennbar wäre. Beides sucht man jedoch vergebens – was der erschreckende Auftritt seiner Mannschaft in Bochum eindrucksvoll vor Augen führte.
Die sportliche Misere und Kovac’ verbale Aussetzer potenzieren sich gegenseitig in einer solchen Geschwindigkeit, dass aus einer 100-km/h-Krise im Handumdrehen eine 200-km/h-Krise wird. Und diese wilde Raserei nur in einem Frontalcrash mit Totalschaden enden kann.
Daniel.Mueksch@ovb.net