München – Tipp für alle, die mal hören wollen, wie Eishockey-Trainer so reden, wenn sie zusammensitzen: Nach Spielen des EHC München zum Fahrradständer links an der Front des Olympia-Eisstadions gehen. Dorthin, wo zwischen Erdgeschoß- und Souterrain-Höhe noch ein Fenster erleuchtet ist, in der Regel als einziges. Früher hatten die Münchner Eishockey-Vereine dort ihr Ticket-Büro, seit ein paar Jahren ist der schmucklose Raum das Zimmer der Trainer. Es ist erstaunlich weit weg von der Mannschaftskabine des EHC, Don Jackson muss erst durchs Foyer der Halle gehen, um zu seinen Spielern zu gelangen.
Das Fenster des Trainerraums ist nach Spielen nicht immer fest geschlossen, manchmal nur angelehnt, und man kann mithören, wie Don Jackson und seine Assistenten Steve Walker, Clement Jodoin und Patrick Tallaire eine Partie nachbesprechen. Man kann hineinspitzeln und erkennen, wie sie am Computer sitzen. Und man stelle sich vor, wie es im Vergleich dazu im Fußball ist: Könnte man an der Allianz Arena vorbeispazieren und würde plötzlich Niko Kovac, seinem Bruder Robert und Hansi Flick auf die Taktiktafel blicken können?
Man muss im Fall des EHC natürlich gut Englisch verstehen, denn unter den vier nordamerikanischen Coaches wird beherzt gekauderwelscht. Man ist unter sich, vier Hockey-Freaks, und man kennt sich schon lange. „The Jackson Four.“
Der jüngste Zugang im „Staff“ ist Steve Walker, 46. Als Spieler stürmte er für die Eisbären Berlin. Elf Jahre lang (2000 bis 2011). Seine Zeit überschnitt sich mit der des Trainers Don Jackson (2004/05 und 2007 bis 13). Als der EHC am Sonntag – erstmals mit Steve Walker an der Bande – in Berlin gastierte (und 5:3 gewann), wurde deutlich, welchen Status der Kanadier dort immer noch hat. Seine Rückennummer ist „retired“, sein Trikot hängt unterm Hallendach, er gilt als Eisbären-Legende. Nur: Zeit, sich mit Freunden von früher zu treffen, hatte er nicht: „Als Coach muss man an so vieles denken, hat genug zu tun.“
Clement Jodoin, Jacksons zweiter Assistent, war vergangene Saison Cheftrainer bei den Eisbären. Das ging schief, der Frankokanadier wurde gefeuert. Der EHC engagierte ihn, Jodoin sollte sich im Training ums Powerplay kümmern und die Spiele von außen analysieren. Mittlerweile steht er mit an der Bande. Seine Beziehung zu Jackson: 1992/93 arbeiteten sie gemeinsam als Co-Trainer bei den Quebec Nordiques. „Da er etwas älter ist, war er mein Mentor“, sagt Jackson, 63, über Jodoin, 67. Der Frankokanadier ist ein Eishockey-Weltenbummler, er hat sommers auch schon in Russland Eishockey-Schule abgehalten. In München läuft es für ihn jetzt besser: Vor dem Spiel in Wolfsburg am Donnerstag (14 Uhr – in Niedersachsen ist Feiertag) steht der EHC beim Überzahlspiel, das Jodoin verantwortet, auf Platz vier der Liga. Nun sitzt jedes fünfte Powerplay (Quote: 21,21 Prozent).
Zum Trainer-Stab gehört auch noch Patrick Dallaire, 44. Seit 19 Jahren arbeitet er als „Goaltending Coach“, seit 2009 bei Club-Eigner Red Bull. In Salzburg (2013/14) wirkte er unter Chef Don Jackson, der ihn mit nach München nahm. Dallaire hat Danny Aus den Birken in dessen später Karrierephase noch einmal wesentlich verbessert, gerne wird er daher als Torwarttrainer zur Nationalmannschaft eingeladen. Auch am Gewinn der olympischen Silbermedaille 2018 war er beteiligt. Selber hatte er als Goalie keine sonderliche Reputation. Er spielte in Kanada in der Juniorenliga – zum Profi reichte es nicht.
Das Trainer-Team des EHC funktioniert, auch das ist eine Erkenntnis aus der ersten Phase der Saison 2019/20. Nicht selbstverständlich. Es hatte ja einen Umbruch gegeben, weil Matt McIlvane, Jacksons wichtigster Zuarbeiter, die Dependance in Salzburg übernommen hatte. Er führt die Tabelle in Österreich nun an, auch er vertraut auf Leute, die er länger kennt. Einer seiner vier Assistenten ist Matt Smaby, bis 2017 Verteidiger beim EHC.