Alarmstufe Rot

von Redaktion

Bayern in Bochum „traurig und enttäuschend“ – Druck auf Kovac wächst

VON JONAS AUSTERMANN

Bochum – Wo soll das nur enden mit dem FC Bayern? Nach dem Rumpel-Fußball der vergangenen Wochen mit einer Pleite gegen Hoffenheim, einem Remis gegen Augsburg sowie Zitter-Siegen gegen Piräus und Union Berlin folgte am Dienstagabend beim VfL Bochum der vorläufige Höhepunkt der Münchner Unzulänglichkeiten. Zweikampfverhalten? Mangelhaft. Offensivspiel? Nicht vorhanden. Passspiel? Desaströs. Auftreten? Überheblich. Schafft Trainer Niko Kovac es nicht innerhalb kürzester Zeit, dem FC Bayern neues Leben einzuhauchen, dürfte er die erneute Herbstkrise nicht überstehen. Jeder weiß: Jetzt geht es um alles.

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, ohnehin ein Kovac-Kritiker, hatte vor der Spielzeit von seinem Trainer eine Weiterentwicklung in spielerischer Hinsicht gefordert. Der Kroate hatte im Sommer (zumindest etwas) Einfluss darauf, wie sich der Kader verändert. Das Aufgebot müsste jetzt folglich besser umsetzen können, was Kovac sich vorstellt. Von Weiterentwicklung ist allerdings keine Spur. Und noch schlimmer: Der Bayern-Trainer flüchtet sich in hanebüchene Ausreden oder schiebt die Schuld an seine Spieler weiter.

Am Dienstag nutzte Kovac die Frage nach der Leistung des VfL Bochum zu einer vollen Breitseite gegen seine Stars. Er sagte: „Da sieht man, wenn alle das machen, was der Trainer sagt, dann funktioniert es.“ Außerdem erklärte der 48-Jährige: „Man muss sauber Fußball spielen, das hat nichts mit Taktik zu tun.“ Kovac sieht sich selbst nicht als Teil des Problems – und deswegen kann er wohl auch keine Lösung finden. Der Tenor: Das müssen die Spieler schon selbst machen.

Immerhin wissen diese längst, was die Stunde geschlagen hat. Manuel Neuer und Leon Goretzka nahmen im Gegensatz zum Trainer und zu Sportdirektor Hasan Salihamidzic (siehe Text unten) kein Blatt vor den Mund. Der Keeper knallhart: „Das war vor allem in der ersten Halbzeit richtig traurig und enttäuschend. Es hat so nicht so ausgesehen, als ob wir weiterkommen wollten.“ Der Kapitän stellte die Charakterfrage, nahm seine Kollegen in die Pflicht. „Wichtig ist, dass jeder bei sich selbst anfängt. Wir brauchen jetzt nicht über einzelne Spieler reden, über das Spielsystem, den Trainer oder irgendwen anders. Wir brauchen keine Ausreden suchen – beim Platz, beim Flutlicht, bei Sonne oder Wind.“ Es sei höchste Zeit, dass jeder Profi hinterfrage, ob er stets seine beste Leistung bringe. Neuer: „Der FC Bayern ist nicht ein Spieler, ein Trainer und ein paar Staff-Mitglieder, sondern eigentlich eine Mannschaft. Wir müssen uns darum kümmern, dass es besser läuft.“

Sportlich – das steht außer Frage – mangelt es dem FC Bayern nicht an der Qualität, Aufgaben wie die in Bochum wesentlich souveräner zu lösen. Also liegt der Verdacht nahe, dass nicht alle Akteure mit voller Konzentration oder Überzeugung bei der Sache sind. Der Eindruck, dass die Mannschaft stets gerade genug Gas gibt, um zu gewinnen, hat in Bochum neue Nahrung erhalten. Ein klares Bekenntnis pro Kovac gab es vom Staraufgebot auf dem Rasen aber schon lange nicht mehr zu sehen. Das 7:2 bei Tottenham Hotspur war da nicht mehr als ein Ausrutscher nach oben.

Goretzka meinte: „Wir haben in erster Linie unfassbar viele Fehler im Passspiel gemacht. Einen Pass an den Mann zu bringen, liegt eher am Spieler als am Trainer.“ Viel beunruhigender: Der Mittelfeldmann gab unumwunden zu, dass dem FC Bayern der Spaß am Spiel fehle: „Und man sollte nicht verachten, was das ausmacht.“

Es bleibt zu hoffen, dass Kovac den Hilferuf seines Teams verstanden hat – wenn es dafür nicht schon zu spät ist. Denn: Das Verhältnis zwischen Spielern und Trainer scheint nachhaltig belastet. Ob sich das noch retten lässt, wird der November zeigen. Da geht es unter anderem gegen Frankfurt, Dortmund und Leverkusen. Rumpel-Fußball kann man sich da eigentlich nicht erlauben.

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